Krankenstand, Teilzeit, Arbeitsmoral

Die neue Krankheit: Faulheit

Es ist ein wahres Wunder, dass die Wirtschaft nicht bereits kollabiert ist. Denn wenn man den Leitartikeln der großen Tageszeitungen, den unermüdlich tweetenden Wirtschaftsverbänden und den sich auf LinkedIn heroisch inszenierenden CEOs Glauben schenken darf, dann sitzen wir hierzulande auf einem Pulverfass der Arbeitsverweigerung. Beispielsweise der Deutsche, vormals ein weltweit bewundertes Arbeitstier, mutiert zur „Work-Life-Balance“-Mimose, die den Tag mit Yoga und Bio-Porridge beginnt, um dann nach zweieinhalb Stunden Homeoffice erschöpft in die Burnout-Klinik einzuziehen.

Das Schreckgespenst „Krankenstand“

Kaum ein anderes Wort löst derzeit so viel Empörung aus wie „Krankenstand“. Arbeitnehmer, diese intriganten Lebenskünstler, haben es doch tatsächlich gewagt, ihre gesetzlich verbrieften Rechte in Anspruch zu nehmen. Eine Grippe, ein gebrochener Arm oder, Gott bewahre, mentale Erschöpfung – alles wird heutzutage als fadenscheinige Ausrede genutzt, um dem Unternehmen den wohlverdienten Umsatz zu entziehen. Arbeitgeberverbände jammern unisono: „So kann das nicht weitergehen!“ Und das kann es wirklich nicht. Wir können es nicht länger dulden, dass Menschen sich herausnehmen, krank zu sein, anstatt ihre Viren solidarisch ins Großraumbüro einzubringen.

Teilzeit: Das neue Feindbild

Doch es reicht nicht, dass Arbeitnehmer den Krankenstand ausnutzen – sie arbeiten auch einfach zu wenig! Teilzeit, einst eine Notwendigkeit für junge Eltern oder Pflegeverpflichtete, ist zur dekadenten Lifestyle-Option verkommen. Vorbei die Zeiten, in denen 60-Stunden-Wochen als Ehrenzeichen galten; heute möchte jeder „Zeit für sich“ haben. Was für ein dekadentes Anliegen! War früher nur das Proletariat mit seinen verwegenen Träumen von Freizeit suspekt, so sind es heute selbst die „Knowledge Worker“, die lieber nach Bali reisen, als im Büro zu schwitzen.

Die neue Arbeitsmoral: Ein Skandal!

Was ist bloß aus dem guten alten deutschen Fleiß geworden? Wo sind die Zeiten hin, in denen man stolz darauf war, sich für das Unternehmen aufzuopfern, am besten mit Burnout in die Frührente zu gleiten? Heute, in dieser verweichlichten Generation, redet man von „New Work“, von „Achtsamkeit“ und „Selbstverwirklichung“. Man fragt sich: Wo soll das enden? Werden wir eines Tages in einer Welt leben, in der die Menschen arbeiten, um zu leben, anstatt zu leben, um zu arbeiten? Ein wahrhaft dystopisches Szenario!

TIP:  Wie man ohne Bankerfahrung Chefbanker wird

Wer Schuld hat? Natürlich die Arbeitnehmer!

Nun, natürlich könnte man argumentieren, dass stagnierende Löhne, steigende Arbeitsbelastung und ein entfesselter Kapitalismus etwas mit der schwindenden Motivation der Arbeitnehmer zu tun haben. Doch das wäre zu einfach! Die wahre Ursache ist: Faulheit. Wer könnte es besser wissen als jene Experten, die in ihren Elfenbeintürmen sitzend 60-Stunden-Wochen predigen, während sie selbst ab Freitagmittag unauffindbar sind?

Die Revolution bleibt aus

So bleibt am Ende nur die Hoffnung, dass sich der gesunde Menschenverstand wieder durchsetzt. Dass Arbeitnehmer einsehen, dass ihr Glück nicht in Freizeit oder Gesundheit liegt, sondern in der unermüdlichen Hingabe an ihre Firma. Dass sie ihre veralteten Ideale von Work-Life-Balance aufgeben und endlich wieder das tun, wofür sie geboren wurden: Arbeiten. Ohne Unterlass. Bis zum bitteren Ende.

Und falls das nicht passiert? Nun, dann bleibt den Arbeitgebern immer noch die Möglichkeit, sich darüber zu beschweren – am besten in der Business Class auf dem Weg in den nächsten steueroptimierten Zweitwohnsitz.

Please follow and like us:
Pin Share