Klassik für Anfänger

Die Ampelkoalition als Laokoon-Gruppe

Es gibt Situationen im Leben, da hilft einem nur noch der Blick in die Kunstgeschichte. Manchmal ist sie der letzte Anker, wenn das Unfassbare sich in Worte fassen will. So ein Moment ereignet sich jedes Mal, wenn man die Ampelkoalition – diesen illustren Zusammenschluss aus SPD, Grünen und FDP – beim Regieren beobachtet. Um die Dynamik dieses Bündnisses zu verstehen, kann man nur auf einen Vergleich zurückgreifen, der in seiner Tragik, Dramatik und unfreiwilligen Komik alles in den Schatten stellt: die Laokoon-Gruppe.

Laokoon, der tragische Priester Trojas, kämpft gemeinsam mit seinen Söhnen gegen zwei riesige, von den Göttern gesandte Schlangen. Ein hoffnungsloser Kampf, der in einer Umklammerung von tödlicher Schönheit endet. Der Laie fragt sich: Warum? Der Kenner antwortet: Es ist Kunst! Und genau das, liebe Leser, ist die einzige Erklärung, warum sich die SPD, die Grünen und die FDP in einem ähnlich bizarren Überlebenskampf befinden. Aber wir sprechen nicht von einer göttlichen Fügung, sondern von der bürokratischen Schlangengrube des deutschen Politbetriebs, der scheinbar alles und jeden verschlingt – inklusive gesunder Menschenvernunft. Willkommen zur Tragödie der Ampelkoalition!

Der stoische Laokoon der Sozialdemokratie

Olaf Scholz, unser heutiger Laokoon, steht im Zentrum dieses politischen Dramas. Wie das berühmte Marmorabbild seines mythologischen Vorgängers strahlt Scholz eine stoische Ruhe aus, die in jedem politischen Sturm standhält. Der Vergleich drängt sich förmlich auf: Mit dem Gesicht eines Mannes, der seit Monaten nicht weiß, warum ihn ständig alle fragen, wann er endlich einmal führt, kämpft er wie Laokoon gegen unsichtbare Mächte. In Scholz’ Fall sind diese Kräfte weniger von den Göttern, sondern mehr von Koalitionspartnern und Wahlergebnissen geschickt. Die Schlangen, die sich um seine Beine winden, sind in Wirklichkeit kleine und große Krisen: Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation – nennen Sie es, und Scholz wird mit verschränkten Armen darauf blicken, als ob das Schicksal ihn schon längst abgeschrieben hätte.

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Sein Mantra: „Wir schaffen das!“ – aber es klingt weniger nach Mut als nach Resignation. Er versucht, die Schlangen mit immer den gleichen Floskeln und einem zuversichtlichen Lächeln zu beschwichtigen, das so steif ist, dass man es für in Marmor gemeißelt halten könnte. Aber die Schlangen haben keine Geduld für Scholz’ Technokraten-Rhetorik. Sie winden sich weiter, und die Spannung steigt: Wie lange kann Scholz diese Koalition noch als Priester des Pragmatismus zusammenhalten, bevor die Koalitionsschlangen zubeißen?

Die Idealistin in der Schlangengrube

Und dann ist da Annalena Baerbock. Sie steht neben Scholz, ihre Augen weit aufgerissen, die Haare im metaphorischen Wind der internationalen Politik flatternd. Ihre Rolle in diesem Drama könnte nicht symbolträchtiger sein. Sie ist das Kind, das noch glaubt, dass man die Schlangen besiegen kann, wenn man nur fest genug an das Gute glaubt. Die Grünen, diese selbsternannte moralische Avantgarde, haben mit Annalena das Herzblut ihres politischen Ideals in die Koalition eingebracht: Klimaschutz, Menschenrechte, Frieden – all die hehren Ziele, die doch irgendwie in der Realität der Macht zerschmettert werden.

Baerbock wirkt wie eine Figur, die sich selbst nicht sicher ist, ob sie in einer antiken Tragödie oder einem modernen Kammerspiel mitspielt. Ihre Reden sind gespickt mit moralischem Eifer, und doch spürt man das leise Zischen der Schlangen der Realpolitik um sie herum. Bei jeder neuen Verhandlung mit Scholz und Christian Lindner fragt man sich: Wann wird sie realisieren, dass die Schlangen sie nicht nur umwinden, sondern längst begonnen haben, ihr Idealismus-Blut zu saugen? Und doch bleibt sie standhaft, in dem naiven Glauben, dass man eine Koalition mit Fleiß und guten Absichten retten kann. Ach, Annalena, hätten doch die Götter mehr Humor!

Der Apoll der Marktliberalen im Würgegriff

Und nun, Vorhang auf für Christian Lindner, den vielleicht tragischsten Helden dieser Farce. Wenn es eine Person gibt, die aus rein ästhetischen Gründen perfekt in eine Laokoon-Gruppe passt, dann ist es Lindner. Diese gelierte Frisur, die maßgeschneiderten Anzüge – wenn das keine Apollsche Perfektion ist, was dann? Aber leider, liebe Leser, ist es nicht das Äußere, das zählt, sondern der innere Kampf. Lindner, der Hohepriester der FDP, muss sich gegen eine Schlange wehren, die er sich selbst herangezüchtet hat: den Kapitalismus. Während die SPD und die Grünen mit den Schlangen der sozialen Gerechtigkeit und des Klimaschutzes kämpfen, windet sich um Lindner das Monster der Steuerpolitik, das er unbedingt bändigen möchte.

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Man sieht ihn förmlich in jeder Sitzung mit Scholz und Baerbock, wie er mit der Flamme des freien Marktes wedelt und ruft: „Lasst uns die Ausgaben kürzen! Die Schuldenbremse muss gehalten werden!“ Doch seine Gegner, die kalten Augen der sozialen Bedürftigkeit und der drängenden Klimakatastrophe, lassen sich nicht so einfach durch neoliberale Sprüche besänftigen. Man kann das Zischen der Schlangen förmlich hören, während Lindner versucht, jede Steuererhöhung als Sakrileg zu verhindern. Die Tragik? Selbst Lindner weiß, dass der Kapitalismus, wie jede Schlange, irgendwann seinen eigenen Schwanz fressen wird.

Ein griechisches Drama ohne Götter

Und hier sind wir nun, im finalen Akt dieser griechischen Tragödie, bei der keine Erlösung in Sicht ist. Die Ampelkoalition kämpft mit sich selbst, und jeder in der Laokoon-Gruppe spielt seine Rolle perfekt. Olaf Scholz, der resignierte Laokoon, umklammert von den Schlangen der politischen Kompromisse. Annalena Baerbock, das moralische Kind, das verzweifelt versucht, die Realität in den Griff zu bekommen. Und Christian Lindner, der tragische Apoll der Freien Märkte, der langsam von seiner eigenen Ideologie stranguliert wird.

Die Schlangen – sie sind nicht nur symbolisch für die politischen Krisen, sondern für die inneren Widersprüche dieser Koalition, die sich selbst im Weg steht. Es gibt keinen großen göttlichen Plan, kein rettendes Eingreifen, keine Katharsis. Nur ein langes, zähes Dahinwinden, bis die Figuren in ihrem eigenen Drama erschöpft zusammenbrechen.

Ein Kammerspiel im Schatten der Antike

Die Laokoon-Gruppe, liebe Leser, ist nicht nur eine Mahnung vor den Folgen blinder Hybris, sondern auch ein Kunstwerk, das mit seiner ästhetischen Perfektion die Tragik des Lebens einfängt. Und so ist auch die Ampelkoalition ein politisches Kammerspiel im Schatten der Antike. Jede Entscheidung, die getroffen wird, scheint die Koalition fester in den Griff der Schlangen zu treiben. Wie lange können sie noch durchhalten, bevor die Realität – in Form von Wählerstimmen, Wirtschaftskrisen oder schlicht der menschlichen Erschöpfung – endgültig zuschlägt?

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Es bleibt nur zu hoffen, dass wir, das Publikum dieses absurden Dramas, den Humor nicht verlieren. Denn während die Koalition weiterhin um ihr politisches Überleben kämpft, können wir uns zurücklehnen und schmunzeln über die Ironie des Ganzen: In einer modernen Welt, die so stolz auf ihre Rationalität ist, entpuppt sich die Politik als das letzte große Epos der Menschheit – tragisch, komisch und tief in der Klassik verwurzelt.

Quellen und weiterführende Links

  1. Virgil, Aeneis – Das Original-Epos, in dem Laokoon und seine Söhne von den Schlangen verschlungen werden.
  2. Lessing, Gotthold Ephraim, Laokoon oder Über die Grenzen der Malerei und Poesie – Ein Klassiker der Ästhetik, der die Symbolik hinter dem berühmten Kunstwerk ergründet.
  3. Aristoteles, Poetik – Der Ursprung aller Tragödienanalysen. Man sollte es mindestens einmal gelesen haben, bevor man in die Untiefen der deutschen Politik abtaucht.
  4. Habermas, Jürgen, Der öffentliche Raum – Eine moderne Interpretation der politischen Öffentlichkeit, perfekt für das Verständnis der Schlangen um die Ampelkoalition.
  5. Adorno, Theodor W., Minima Moralia – Für alle, die beim Anblick der politischen Realität ins Grübeln kommen.
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