Eine Symbiose der Bevormundung

Transatlantische Think Tanks und deutscher Journalismus: Von Überläufern, Analysten und Kettenhunden der öffentlichen Meinung

Die unsichtbaren Puppenspieler der Berichterstattung

Es ist eine Ironie der Moderne, dass im Zeitalter der globalen Vernetzung die nationale Berichterstattung dennoch von einer kleinen, geschlossenen Gesellschaft orchestriert wird, die wie eine seltsame Symbiose zwischen Politbüro und Freimaurerloge funktioniert. Diese „hochwohlgeborene“ Elite nennt sich Think Tank, transatlantisch versteht sich – weil transatlantisch immer nach global, intelligent und über den Dingen stehend klingt. Der gemeine Deutsche hingegen, wenn er sich denn überhaupt noch an so etwas Altmodisches wie den „Journalismus“ heranwagt, lebt mit der Illusion, dass die Nachrichten, die er morgens zum Filterkaffee in der „Tagesschau“ serviert bekommt, das Produkt unermüdlicher Recherche, faktenbasierter Analyse und journalistischer Ethik seien.

Nun, diese Vorstellung ist ebenso naiv wie die Hoffnung auf einen unbestechlichen Politiker. Tatsächlich könnte man vermuten, dass die meisten deutschen Journalisten heute eher einem exklusiven Club der transatlantischen Elite dienen als dem Interesse der hiesigen Bürger. Wer glaubt, dass die großen Redaktionen unabhängig agieren, der hat wahrscheinlich auch den Weihnachtsmann schon mal persönlich getroffen – und ein Autogramm bekommen.

Produktionsstätten der Propaganda

Transatlantische Think Tanks wie die Atlantik-Brücke, die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) oder das Aspen Institute Deutschland feiern sich als Orte des freien Denkens, der Analyse und des intellektuellen Austauschs. Sie inszenieren sich als unabhängige Denkfabriken, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Welt ein Stück weit besser zu verstehen und zu gestalten. Doch ist das wirklich so? Oder sind diese vermeintlich klugen Köpfe eher Erfüllungsgehilfen einer transatlantischen Agenda, die nichts weiter tut, als den Status quo zu zementieren und wirtschaftliche sowie geopolitische Interessen zu verschleiern?

Der Verdacht drängt sich auf, dass die Unabhängigkeit dieser Institutionen in etwa so echt ist wie die Freundschaft zwischen einem Lobbyisten und einem Abgeordneten. Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um festzustellen, dass dieselben Protagonisten, die in den Think Tanks eifrig transatlantische Beziehungsarbeit betreiben, auch auf den Redaktionsfluren der großen Medienhäuser ein- und ausgehen. Vielleicht ist es keine Koinzidenz, dass die Berichterstattung in deutschen Medien oft erstaunlich konform mit den Denkweisen und Analysen dieser „Fabriken“ ist. Oder haben wir es hier schlicht mit einer freundlichen Übernahme zu tun?

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Im Nebel der transatlantischen Verklärung

Man könnte fast Mitleid haben mit den deutschen Journalisten. Denn wer auf der Karriereleiter nach oben steigen möchte, kann es sich kaum leisten, gegen die mächtige transatlantische Strömung anzuschwimmen. Die Eintrittskarte zu den exklusiven Kreisen der Politik und Wirtschaft ist oft genug eine enge Verflechtung mit den Denkfabriken, deren Türöffner für hochkarätige Netzwerkveranstaltungen und Interviews sie sind. Es ist schwer, kritisch zu bleiben, wenn man durch dieselben Hintertüren wie die politische Elite schreitet und am gleichen Buffet schlemmt.

Die journalistische Unabhängigkeit wird dabei still und leise ad acta gelegt – nicht aus Zwang, sondern aus Opportunismus. Denn wer möchte schon riskieren, aus der Komfortzone der internationalen Netzwerkgesellschaft herauszufallen und stattdessen als störrischer Außenseiter zu gelten? Stattdessen ist man schnell bereit, die Narrative und Thesen der transatlantischen Analysten zu übernehmen, als seien sie das Evangelium. Die Denkfabriken liefern schließlich die Argumente und Analysen gleich mundgerecht mit: Sanktionen gegen Russland? Hervorragend! Militärische Präsenz in Afghanistan? Alternativlos! Freihandelsabkommen? Ein Geschenk des Himmels!

Die Einfallslosigkeit des deutschen Journalismus

Ein erschütterndes Phänomen, das der Einfluss der transatlantischen Think Tanks mit sich gebracht hat, ist die zunehmende Monotonie und Einfallslosigkeit im deutschen Journalismus. Wo einst kritischer Diskurs und investigative Recherche hochgehalten wurden, regiert heute das Papageienprinzip: Es wird nachgeplappert, was die großen Brüder in den Think Tanks vorkauen.

Die oft wortwörtliche Übernahme von PR-Sprech aus den Think Tanks oder deren Verlautbarungen zeigt, wie tief die Durchdringung bereits ist. Plötzlich klingt die Berichterstattung über internationale Konflikte in der „Süddeutschen“ oder der „Zeit“ so ähnlich wie die Analysen der RAND Corporation oder des German Marshall Fund. Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass Journalisten längst nicht mehr selbst die Narrative bestimmen, sondern diese ihnen vorgegeben werden. Die Berichterstattung wird zum Abziehbild vorgefertigter Positionen, die nicht hinterfragt, sondern einfach abgenickt werden.

Das freundliche Gesicht der Gehirnwäsche

Man muss sich wundern, wie es die transatlantischen Denkfabriken geschafft haben, ihre Finger so tief in die deutschen Medien zu bohren, ohne dass es jemandem wirklich auffällt. Sie sind die stillen Strippenzieher, die den Diskurs in den Redaktionsstuben unmerklich lenken. Die Methode ist dabei so raffiniert wie perfide: Es wird nicht laut und plump indoktriniert – das würde nur zu unangenehmen Fragen führen –, sondern auf leisen Sohlen Einfluss genommen. Man bietet den Journalisten „exklusive“ Informationen, lädt sie zu hochkarätigen Konferenzen ein und sorgt dafür, dass sie sich als Teil einer intellektuellen Elite fühlen.

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Es ist eine subtile Form der Gehirnwäsche, die sich als freundlicher Akt des Wissensaustauschs tarnt. Wer kann schon ablehnen, wenn man ihm Zugang zu den einflussreichsten Köpfen der Weltpolitik verspricht? Und so reißt man sich um die Einladungen zur „Münchner Sicherheitskonferenz“, wo die Mächtigen sich gegenseitig auf die Schulter klopfen und die Medien brav ihre Rolle als Hofberichterstatter übernehmen.

Die Spuren des Transatlantischen

Man könnte jetzt noch einmal nachfragen: Was bleibt von der kritischen Öffentlichkeit, wenn die Berichterstattung nur noch die Denkfabriken nachäfft? Welche Rolle spielt der Journalist noch, wenn er nur noch das Sprachrohr einer elitären, transatlantischen Clique ist? Hat der Leser nicht ein Recht auf eine Berichterstattung, die auch andere Perspektiven zulässt und hinterfragt?

Man könnte fast nostalgisch werden angesichts der Zeit, als Journalisten noch mit schmutzigen Schuhen aus Krisengebieten kamen, weil sie sich selbst ein Bild gemacht haben. Heute reicht ein Anruf bei der DGAP oder dem Atlantic Council, und schon hat man die passende Meinung, um sie dem deutschen Volk als unfehlbare Analyse zu verkaufen.

Eine verlorene Unabhängigkeit

Vielleicht liegt der Kern des Problems in der Illusion der Unabhängigkeit. Die deutschen Medien haben längst aufgehört, unabhängig zu sein, und sind stattdessen zu willigen Gehilfen der transatlantischen Think Tanks geworden, die sie lenken. Es ist ein stiller Pakt, in dem beide Seiten profitieren: Die Journalisten bekommen Zugang zu exklusiven Informationen und Netzwerken, die Think Tanks ihre Meinungsmacht. Am Ende bleibt der Bürger, der ahnungslos die Nachrichten konsumiert und nicht einmal merkt, dass er nicht informiert, sondern bevormundet wird.

Doch es gibt Hoffnung. Zumindest theoretisch. Solange es noch einzelne mutige Stimmen gibt, die gegen den Strom schwimmen und versuchen, den transatlantischen Einfluss zu entlarven. Es bleibt zu hoffen, dass der deutsche Journalismus eines Tages den Mut wiederfindet, nicht nur zu berichten, sondern auch zu hinterfragen.


Quellen und weiterführende Links:

  1. DGAP – Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik: https://dgap.org/
  2. Atlantik-Brücke e.V. – Transatlantische Vernetzung in Deutschland: https://www.atlantik-bruecke.org/
  3. RAND Corporation – Think Tank der USA: https://www.rand.org/
  4. German Marshall Fund – Stiftung zur transatlantischen Kooperation: https://www.gmfus.org/
  5. Münchner Sicherheitskonferenz – Die transatlantische Elite im Dialog: https://securityconference.org/
  6. Aspen Institute Deutschland – Forum für europäisch-transatlantischen Dialog: https://www.aspeninstitute.de/
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