Eine historische Ehrenrettung

Der Heilige Nikolaus von Myra war kein Türke

„Lernen Sie Geschichte!“ Ein Satz, der wie ein höflicher Vorschlag klingt, aber oft eher wie eine schallende Ohrfeige gemeint ist. Auch dann, wenn man die Diskussion um den Heiligen Nikolaus verfolgt, jenen berühmten Bischof aus Myra, der seit Jahrhunderten in der christlichen Tradition als mildtätiger, großherziger Schutzpatron der Kinder, Seefahrer und Händler verehrt wird. Doch in der Ära der postmodernen Wokeness scheint selbst der Heilige seiner Identität beraubt zu werden: „Nikolaus war ein Türke!“ wird uns plötzlich in den sozialen Medien und selbst in vermeintlich seriösen Diskursen entgegengeworfen – als wäre das eine historische Tatsache.

Nun, meine Damen und Herren, es wird Zeit für einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit. Der Heilige Nikolaus von Myra war kein Türke. Und nein, er wurde auch nicht in der Türkei geboren. Die Türkei existierte im 3. und 4. Jahrhundert schlicht und ergreifend nicht. Genauso wenig wie die Turk Völker, die erst Jahrhunderte später von den zentralasiatischen Steppen in Richtung Anatolien zogen. Die Region, in der Myra (das heutige Demre) lag, gehörte damals zur römischen Provinz Lykien – einem stark hellenisierten, christlich geprägten Gebiet. Kurz gesagt: Die Turk-Völker hatten in der Gegend so viel verloren wie ein Veganer in einer Grillparty-Schlange.

Ein Bischof in ohne türkischen Reisepass

Nikolaus wurde etwa im Jahr 270 nach Christus geboren, vermutlich in der Stadt Patara, einer antiken Metropole in Lykien, das heute Teil der Türkei ist. Aber ein Mensch aus Lykien als „Türke“ zu bezeichnen, ist in etwa so akkurat wie die Behauptung, Julius Cäsar sei Italiener gewesen, weil Rom heute in Italien liegt. Das ist nicht nur historisch falsch, sondern auch intellektuell faul.

Die Welt, in der Nikolaus lebte, war Teil des römischen Imperiums. Griechen und Römer dominierten die Kultur, die Sprache und die Religion. Nikolaus selbst war ein Christ, und zwar in einer Zeit, in der das Christentum noch keine Staatsreligion war, sondern oft von römischen Kaisern verfolgt wurde. Man könnte also argumentieren, dass Nikolaus’ Leben selbst ein Zeugnis des Widerstands gegen die staatliche Unterdrückung war – lange bevor moderne Staaten oder Religionen wie der Islam in der Region Fuß fassten.

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Die Idee, Nikolaus als „Türken“ zu deklarieren, basiert auf der simplen Tatsache, dass sein Geburts- und Wirkungsort in der heutigen Türkei liegt. Doch diese geografische Verortung sagt nichts über die Identität oder die Kultur des Heiligen aus. Es ist, als würde man behaupten, ein Wikinger, der einst in Schweden lebte, sei ein „EU-Bürger“, weil Schweden heute in Europa liegt.

Wokeness und die Neuverpackung der Geschichte

Die Behauptung, Nikolaus sei „türkisch“, ist daher mehr als nur eine historische Ungenauigkeit. Sie ist ein Paradebeispiel für die intellektuelle bequeme Unredlichkeit, die sich aus der Angst speist, kulturelle Unterschiede offen anzusprechen. In der Ära der Wokeness, in der alles relativiert und entmythologisiert werden soll, wird die Vergangenheit immer häufiger instrumentalisiert, um moderne politische Narrative zu stützen.

Warum wird also so viel Energie darauf verwendet, Nikolaus mit der Türkei zu assoziieren? Vielleicht, weil es einigen Ideologen ein warmes, wohliges Gefühl gibt, wenn sie zeigen können, wie „offen“ und „tolerant“ die Welt schon immer gewesen sei. Die Tatsache, dass diese Toleranz im Falle von Nikolaus eine historische Fantasie ist, scheint dabei keine Rolle zu spielen.

Es ist natürlich nichts gegen interkulturellen Dialog einzuwenden. Im Gegenteil: Der Austausch zwischen Kulturen hat die Menschheitsgeschichte immer bereichert. Aber der Versuch, Nikolaus’ Geschichte umzudeuten, ist kein Dialog. Es ist ein Übergriff auf die Wahrheit, eine Verfälschung, die darauf abzielt, Traditionen zu entkernen und kulturelle Identitäten zu nivellieren.

Der Islam und der Heilige Nikolaus

Ein besonders faszinierender Aspekt dieser Narrative ist der Versuch, eine Verbindung zwischen Nikolaus und dem Islam herzustellen. Das Problem? Der Islam entstand erst mehrere Jahrhunderte nach Nikolaus’ Tod. Wie also hätte der Islam tolerant gegenüber einem christlichen Bischof sein können, der lebte, als die arabische Halbinsel noch von polytheistischen Stämmen geprägt war?

Hier wird nicht nur Geschichte verbogen, sondern geradezu ins Lächerliche gezogen. Es ist, als würde man behaupten, Newton habe seine Gravitationstheorie entwickelt, um der Raumfahrt der NASA den Weg zu ebnen. Oder dass Mozart seine Symphonien komponierte, um später TikTok-Remixes zu inspirieren.

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Die Verteidigung der eigenen Kultur

Die eigentliche Tragik dieser Diskussion liegt jedoch nicht nur in der historischen Verfälschung, sondern in der dahinterliegenden Absicht. Der Versuch, Nikolaus als „türkisch“ zu vereinnahmen, ist Teil eines größeren Trends, der darauf abzielt, westliche Traditionen und kulturelle Identitäten zu relativieren.

Natürlich sollte man die Geschichte kritisch betrachten, auch die der eigenen Kultur. Aber es ist etwas völlig anderes, wenn man Traditionen ohne Rücksicht auf historische Fakten umdeutet, nur um einer modernen Ideologie zu dienen.

Nikolaus ist ein Symbol der christlichen Nächstenliebe, der Großzügigkeit und des Glaubens. Seine Geschichte gehört zur europäischen Kulturgeschichte, genauso wie seine Verehrung als Schutzpatron . Die Relativierung dieser Traditionen – ob aus politischer Korrektheit oder ideologischem Eifer – ist nicht nur respektlos gegenüber der Geschichte, sondern auch gegenüber den Menschen, die diese Werte bis heute leben.

Lernen Sie Geschichte

Der Heilige Nikolaus von Myra war kein Türke, genauso wenig wie er ein Produkt der Wokeness ist. Er war ein Bischof der christlichen Kirche, der in einer hellenistischen, römischen Welt lebte, lange bevor die Türkei, der Islam oder die moderne politische Korrektheit existierten.

Geschichte ist kein Spielplatz für Ideologen. Sie ist eine Wissenschaft, die Fakten und Kontexte erfordert. Und wenn wir eines aus der Geschichte lernen sollten, dann dies: Respekt vor der Wahrheit ist der erste Schritt, um die Zukunft zu verstehen – und Traditionen zu bewahren.

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