EIN STROMPREIS FÜR DIE ELITE

WIE VERBUND ZUM GOLDESSEL WURDE

Es war einmal ein Land, wo die Berge majestätisch und die Täler saftig grün sind, wo rauschende Bäche Kraftwerke speisen und die Bürgerbrav ihren Strom zahlen. Dieses Land hat einen Namen: Österreich. Und in diesem Land gibt es einen Energiekonzern, der einen beeindruckenden Rekord aufgestellt hat – nicht etwa im Dienst an der Gesellschaft, sondern im Füllen seiner eigenen Taschen und der seiner Aktionär. Der Konzern heißt Verbund, und das Jahr 2023 war sein annus mirabilis. Aber wie sieht die Geschichte dahinter aus? Willkommen zu einer satirischen Reise in die Untiefen des österreichischen Energie-Managements.

DIE WASSERKRAFT-WUNDERMASCHINE

Wasserkraft, diese noble und saubere Energiequelle, ist die Grundlage von Verbund. Und doch: Während die Flüsse ihre natürliche Kraft spendeten, floß das Geld in Strömen woanders hin – in die Hände der Aktionär. Eine Dividende wurde ausgeschüttet, die so monumental war, dass selbst Dagobert Duck seine Geldspeicher erbleichen ließ. Das kleine Problem dabei: Dieses Geld kam nicht von irgendwoher, sondern aus den Taschen der Bevölkerung, die in einem schockierenden Strompreisschock gefangen war. Aber halt! Warum so teuer, fragt da die naive Seele, wenn das Wasser doch immer noch denselben Preis hat wie eh und je? Ach, hätten wir doch nur alle die Weisheit der Energie-Oligarchen!

DER MARKT: EIN UNGEHEUER MIT GASMAGEN

Die Antwort liegt im sogenannten „Merit-Order-System“. Dieses System, das von Ökonomerfunden wurde, um angeblich den effizientesten Preis zu garantieren, funktioniert ungefähr so: Der teuerste Produzent (in diesem Fall Gaskraftwerke) bestimmt den Preis für alle. Dass Verbund fast ausschließlich Wasserkraftwerke betreibt und Gaspreise daher nur für das Protokoll relevant sein sollten, stört dieses System nicht im Geringsten. So wurde das Unternehmen zum stillen Profiteur einer globalen Krise, während die Konsumentals schicksalsergebene Zahlschafe im kalten Dunkel saßen. Ein System, das Gewinne maximiert, wenn es den Menschen schlecht geht – brillante Marktwirtschaft oder zynisches Experiment? Die Antwort überlassen wir Ihnen.

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FÜR JEDEN EINEN „WASSER“-CHAMPAGNER

Man stelle sich die Szenen in den noblen Wiener Palais vor: Sektkorken knallen, Lobesreden auf die Dividende werden geschwungen, und der Aktienkurs wird wie ein Held gefeiert. Die Dividende, ein Vielfaches von dem, was vor der Krise ausgeschüttet wurde, symbolisiert den Triumph des Systems – und die Ohnmacht der restlichen Gesellschaft. Der österreichische Staat, seines Zeichens Miteigentümer des Verbund, bekommt natürlich auch seinen Anteil am Kuchen. Der Teil der Gewinne, der die Taschen von Hedgefonds, Pensionsfonds und Multimilliardärfüllt, bleibt jedoch schamhaft unerwähnt.

SPANIEN ZEIGT, WIE ES ANDERS GEHT

Doch während Österreich stolz auf seine Gewinn-Bilanz ist, zeigt Spanien, dass die Geschichte auch anders geschrieben werden könnte. Dort hat die Regierung beschlossen, den Übergewinnen der Energiekonzerne mit einer Sondersteuer zu begegnen. Das Geld floss zurück in die Gesellschaft: in Form von entlastenden Maßnahmen wie kostenlosen öffentlichen Verkehr, Steuererleichterungen auf Grundnahrungsmittel und Erhöhungen des Mindestlohns. Ein mutiger, pragmatischer Schritt, der zeigt, dass Politik auch im Dienst der Menschen stehen kann – wenn sie denn will. Aber wer braucht schon öffentliche Güter, wenn es private Dividenden gibt?

DER TEILSTAATLICHE „TEIL“ UND DIE GROSSE FRAGE

Nun könnte man meinen, ein teilstaatlicher Konzern wie Verbund würde wenigstens teilweise auch dem Allgemeinwohl dienen. Schließlich hält die Republik Österreich 51 % der Anteile. Doch diese Mehrheit wird zum großen Schweigen, wenn es darum geht, Maßnahmen zu ergreifen, die der breiten Masse zugutekommen könnten. Wo sind die Preisdeckel? Wo sind die sozialen Ausgleichsmaßnahmen? Wo ist die Solidarität? Stattdessen scheint die staatliche Kontrolle nur darin zu bestehen, dass man am Dividendenbuffet ganz vorne in der Schlange steht.

FLUSSABWÄRTS ODER GEGEN DIE STRÖMUNG

Die Stromkrise hat die grundsätzliche Frage aufgeworfen, wem Energie überhaupt gehört und wie sie verwaltet werden sollte. Ist sie ein Grundrecht, das für alle leistbar sein muss? Oder bleibt sie ein Spekulationsobjekt, ein Spielzeug für Aktionärund Vorstände, die im Zweifelsfall immer den Markt vorschieben, um jede Verantwortung abzulehnen? Spanien hat gezeigt, dass es Alternativen gibt. Doch wird Österreich diesen Mut aufbringen? Oder bleibt alles beim Alten, während die Wasserkraft ihre ewige Arbeit tut und die Gewinne in die falschen Taschen fließen?

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EINE FRAGE DER GERECHTIGKEIT

Am Ende bleibt die Frage: Wie viel Ungerechtigkeit kann eine Gesellschaft ertragen, bevor sie ins Wanken gerät? Die Dividenden-Party mag für einige wenige ein rauschendes Fest gewesen sein. Für den Großteil der Österreicherbleibt sie ein bitterer Beigeschmack in einem ohnehin schwierigen Jahr. Und während die Flüsse weiterrauschen, rauscht auch der Zorn der Menschen – still, aber unaufhaltsam. Vielleicht ist es an der Zeit, das System neu zu denken, bevor es an den Ufern der Empörung zerschellt.

Quellen und weiterführende Links:

Verbund Geschäftsbericht 2023
Noam Chomsky, „Die Konsensfabrik“
Bericht über Spaniens Maßnahmen

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