Diese unerträgliche Kriegshysterie

Manche wünschen sich den Krieg offenbar regelrecht herbei

Die Nachrichtenlandschaft ist mittlerweile eine groteske Parade der Angstmacherei, eine sich selbst verstärkende Echokammer der Panik. Wo man hinschaut: besorgte Experten, drohende Schlagzeilen, Weltuntergangsprophezeiungen. Kaum eine Talkshow, die nicht in unheilvoller Stimmlage den Krieg als fast schon unvermeidliche Gewissheit behandelt. Es ist, als ob viele in Politik und Medien eine seltsame Lust daran verspürten, das Schreckgespenst des Krieges heraufzubeschwören, als sei es ein natürliches, geradezu willkommenes Ereignis, das wir stoisch hinnehmen müssen. Man fragt sich: Wollen manche diesen Krieg etwa? Oder liegt ihnen schlichtweg nichts an diplomatischen Lösungen, weil Eskalation einfach interessantere Schlagzeilen produziert? Denn ein Krieg, so brutal er auch sein möge, wäre zumindest ein Ereignis. Und Ereignisse verkaufen sich gut.

Die Lust am Alarmismus

Die Mechanismen sind immer die gleichen: Zuerst wird ein mögliches Szenario in die Welt gesetzt. „Was wäre, wenn…?“ Kaum ausgesprochen, wird aus dem Hypothetischen ein zunehmend konkretes Szenario. „Es gibt Hinweise, dass…“ Spätestens wenn ein paar selbsternannte Experten dieses Szenario in Talkshows durchdiskutieren, ist es in der Realität angekommen. Die Politik beginnt zu reagieren, verteidigungspolitische Maßnahmen werden ergriffen, natürlich nur „vorsorglich“. Doch Vorsorge sieht in Zeiten der medialen Dauerhysterie verdächtig nach Eskalation aus. Und so wird aus der Warnung vor einer möglichen Entwicklung eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Der selbstzerstörerische Automatismus

Es ist ein perfider Mechanismus: Je mehr über eine Eskalation geredet wird, desto wahrscheinlicher wird sie. Kein Akteur will naiv erscheinen, keiner sich den Vorwurf gefallen lassen, eine Bedrohung nicht ernst zu nehmen. Also wird aufgerüstet, rhetorisch wie real. Der Gegner registriert das natürlich und sieht sich seinerseits genötigt zu reagieren. Am Ende steht ein System der wechselseitigen Absicherung, das niemand mehr durchbrechen kann, weil jeder Angst davor hat, dass ein Zeichen der Entspannung als Schwäche missinterpretiert wird. So rennen wir blindlings in eine Eskalation, die noch vor wenigen Jahren undenkbar schien, aber nun als alternativlos erscheint. Eine Art kollektive Zwangshandlung, die sich mit der Eigendynamik eines Lawinenabgangs entfaltet.

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Wer hat eigentlich etwas davon?

Man muss sich fragen: Wem nützt diese ständige Eskalation? Sicherlich nicht der Bevölkerung, die immer mehr Angst haben muss. Nicht den diplomatischen Bemühungen, die durch den Dauerlärm von Kriegsrhetorik regelrecht erstickt werden. Nicht der ökonomischen Stabilität, die durch die Unsicherheit leidet. Aber es gibt Profiteure. Die Rüstungsindustrie zum Beispiel, die sich über volle Auftragsbücher freut. Politiker, die ihre eigene Bedeutung steigern, indem sie sich als krisenfeste Anführer inszenieren. Und natürlich die Medien, die an der Angst verdienen wie ein Drogenhändler an der Sucht. Man mag es zynisch nennen, aber ein gewisses Interesse an Dauerkrisen lässt sich nicht leugnen.

Was wir stattdessen brauchen

Was wäre, wenn wir dieser Dynamik einmal bewusst entgegensteuerten? Wenn wir aus dem Hamsterrad der Eskalation ausbrechen würden? Weniger Panikmache, mehr Nüchternheit. Weniger Kriegsrhetorik, mehr diplomatische Fantasie. Weniger „Was wäre, wenn…?“ und mehr „Was können wir tun, um…?“ Vielleicht wäre das naiv. Vielleicht aber wäre es einfach nur vernünftig. Und Vernunft ist, so scheint es, in diesen Zeiten eine erstaunlich radikale Forderung.

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