Die Zukunft der Vergangenheit

Es ist wieder soweit. Die geheimen Zirkel der westlichen Welt, jene mysteriösen Instanzen, die angeblich die Sicherheit unserer fragilen Demokratien gewährleisten, haben sich erneut zu Wort gemeldet. Diesmal warnen sie uns – mit todernster Miene und verschwörerischem Flüsterton – vor einem möglichen russischen Angriff. Ab 2028, so die düstere Prophezeiung, könnte der Kreml versuchen, die Verteidigungsbereitschaft der EU zu testen. Drei bis fünf Jahre also. Man könnte sich fast fragen, ob Nostradamus im BND wiedergeboren wurde oder ob die Kristallkugel des CIA neuerdings auch als Wettervorhersagegerät dient.

Ein Narrativ für die Ewigkeit

Wladimir Putin, jener finstere Schurke aus dem Osten, dessen Brusthaar in westlichen Albträumen dichter wuchert als die Geheimnisse der NSA, soll also wieder zuschlagen. Das Timing? Perfekt! Gerade rechtzeitig, um die ohnehin chronisch überforderte EU endgültig in den Wahnsinn zu treiben. Während Ursula von der Leyen noch über Plastikstrohhalm-Verbote sinniert und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock in feministischer Außenpolitik die Lösung für alle geopolitischen Konflikte sieht, plant der Kreml bereits die nächste Invasion. Oder vielleicht doch nicht?

Was wissen wir? Nichts.

Die Details zu den Plänen Putins sind – Überraschung! – nicht bekannt. Aber das macht ja nichts. Im Zeitalter von Fake News und alternativen Fakten genügt es, die Angst vor dem Unbekannten zu schüren. Es reicht, den Schatten eines Panzers an der Grenze zu wittern, um die ohnehin paranoide Sicherheitsarchitektur des Westens in Aufruhr zu versetzen. Und so marschieren die Think Tanks, die NATO-Strategen und die transatlantischen Falken wieder einmal im Gleichschritt Richtung Konfrontation. Diesmal allerdings mit der beruhigenden Gewissheit, dass der Gegner frühestens in fünf Jahren zuschlägt. Also genug Zeit, um die Rüstungsbudgets aufzustocken und die Rüstungsindustrie noch ein bisschen reicher zu machen.

Die Prophezeiung als Selbstzweck

Man könnte sich ja fragen: Warum gerade jetzt diese Warnung? Warum ausgerechnet 2028? Gibt es im Kreml etwa einen geheimen Countdown, der in westlichen Geheimdienstkreisen als Insider-Information kursiert? Oder ist es schlicht die Angst, die NATO könnte in ihrer Bedeutungslosigkeit versinken, sobald der Ukraine-Konflikt zu einem eingefrorenen Patt mutiert und sich die USA wieder auf China konzentrieren?

TIP:  DANKE, GENOSSE ANDI!

Die Antwort liegt – wie so oft – in der psychologischen Kriegsführung. Wer die Angst kontrolliert, kontrolliert die Politik. Und wer die Politik kontrolliert, kontrolliert die Menschen. Ein simpler Trick, den schon die alten Römer kannten: Si vis pacem, para bellum – wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor. Oder, moderner ausgedrückt: Wenn du den Militärhaushalt aufstocken willst, erfinde eine Bedrohung.

Ein zerbrechlicher Koloss auf tönernen Füßen

Natürlich ist die europäische Verteidigungsbereitschaft ein Witz – und das wissen auch die Strategen in Moskau. Während Frankreich seine Atomstreitkräfte als letzte Bastion gegen die Apokalypse betrachtet und Deutschland sich lieber in moralischer Überlegenheit suhlt, anstatt seine marode Bundeswehr auf Vordermann zu bringen, schüttelt Putin höchstens belustigt den Kopf. Ein Angriff auf die EU wäre ungefähr so riskant wie der Überfall auf einen Kindergarten – nur mit mehr Bürokratie.

Doch genau hier liegt der perfide Charme der Warnung: Die Angst vor dem russischen Bären legitimiert die Aufrüstung, die Militarisierung und die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten. Denn wer könnte schon gegen härtere Sicherheitsgesetze, höhere Verteidigungsausgaben und noch mehr Überwachung sein, wenn der Feind an der Türschwelle lauert?

Die Zukunft als Geisel der Paranoia

So steuern wir also auf eine Zukunft zu, die von Angst und Misstrauen geprägt ist. Eine Zukunft, in der der Russe nicht mehr der Nachbar, sondern der ewige Aggressor ist. Eine Zukunft, in der die geheimdienstlichen Orakel bestimmen, wann wir uns fürchten sollen und wann nicht.

Und während die westlichen Geheimdienste sich weiterhin in kafkaesker Geheimniskrämerei suhlen und die Medien brav die Kriegstrommeln schlagen, bleibt uns Bürgern nur eines: das ungläubige Lächeln über eine Welt, die sich aus Angst vor dem Morgen selbst in Geiselhaft nimmt.

Prost, Europa. Auf die nächsten fünf Jahre paranoider Selbstzerstörung.

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