
Ein Rückblick auf die „qualifizierteste Einwanderung aller Zeiten“
Wenn man die Zeit zurückspult, ins Jahr 2015, das als Wendejahr in die Geschichte eingehen sollte – nicht nur wegen der nie dagewesenen Flut an Nachrichten über Flüchtlingsströme, sondern auch wegen der leuchtenden Visionen, die uns von führenden Soziologen und Politikern in die Köpfe gepflanzt wurden. „Wir erleben die qualifizierteste Einwanderung, die es je gab“, verkündete der Soziologe August Gächter damals, und die Worte hallten durch die politischen Sphären wie Engelschöre durch eine Kathedrale. Gächter sah nicht etwa Menschenmengen auf der Flucht, sondern wandelnde Universitäten, die vor ihm in Reih und Glied gen Mitteleuropa marschierten, gewappnet mit Diplomen und Doktortiteln.
Der verheißene Exodus der Bildungselite
In den Straßen von Wien wurde damals getuschelt, dass bald nicht mehr die Universitäten Harvard oder Oxford im akademischen Rampenlicht stehen würden, sondern das neue Bildungshochzentrum: die Wiener U-Bahnstation Hauptbahnhof. Dort sollten, so die prophezeiten Zahlen, Abertausende hochgebildete Syrer, Iraner und Afghanen ankommen, die auf das Signal warteten, Österreichs akademischen und wirtschaftlichen Motor auf Hochtouren zu bringen. Ganze Fachbereiche, so wurde versichert, könnten mit den Neuankömmlingen gefüllt werden, darunter etwa „Kampfbogenschießen für Anfänger“ oder der wenig bekannte Studiengang „Meister des Grenzübertritts“. Der „Standard“ berichtete damals freudig, dass 61 Prozent der anerkannten Flüchtlinge eine Berufsausbildung, Matura oder Studium vorweisen konnten. Keine Dokumente waren nötig, die bloße Behauptung reichte, um Österreichs Herz höher schlagen zu lassen.
Doch bevor wir uns zu sehr in den Glanz dieser Zahlen verlieren: Natürlich war keine Überprüfung nötig! Wozu auch? Die Freude war so groß, dass man sich nicht mit den Details wie Fakten aufhalten wollte. So saß man also in Ministerien und Akademien, betrachtete die Wolke der Migranten mit großer Vorfreude und murmelte: „Was für eine Bildungsexplosion uns bevorsteht!“
Die Abnutzung der Euphorie
Doch wie es so oft bei Visionen der Fall ist, kam irgendwann das Erwachen. Der morgendliche Kaffee schmeckte schal, die Wolken über Wien sahen plötzlich düsterer aus, und die Statistikbehörden begannen ihre Arbeit. Das Resultat: Die euphorische Erzählung von den gebildeten Rettern der österreichischen Arbeitswelt löste sich schneller auf als der Schaum auf einem billigen Cappuccino. Der Anteil der Erwerbstätigen aus Syrien? Satte 35 Prozent. Nicht 60, nicht 50, nein, 35! Ein Drittel also. Von jenen, die überhaupt arbeiten. Der Rest? Nun ja, sie sind wahrscheinlich zu sehr mit ihren hochkarätigen Forschungen und philosophischen Diskursen beschäftigt, um sich mit profanen Tätigkeiten wie Arbeit aufzuhalten.
Wo sind also all die Ingenieure, die Ärzte, die Rechtsanwälte? Man munkelt, sie hätten sich in die Tiefen des österreichischen Sozialsystems zurückgezogen, um dort ihre intellektuellen Kapazitäten neu zu sortieren. Vielleicht planen sie auch eine Art Untergrunduniversität, in der sie in geheimer Mission die Bildung der Zukunft verhandeln. Wer weiß?
Was passiert im stillen Kämmerlein
Man kann es ihnen ja nicht verübeln. Mit einem so hohen akademischen Anspruch ist der Alltag in Österreich schlichtweg unterfordernd. Warum sollte ein hochgebildeter syrischer Philosoph auch als Taxifahrer enden, wenn er in seinem Kopf die Lösung für das Dilemma der Menschheit trägt? Wozu ein iranischer Ingenieur als Mechaniker arbeiten, wenn er das Potenzial hat, die Marskolonisation zu planen? Und natürlich wird der afghanische Historiker, der in Wien ankam, nicht seine Tage damit verbringen, Regale in einem Supermarkt zu stapeln. Nein, sie alle warten nur auf den richtigen Moment, um ihr intellektuelles Feuerwerk zu zünden.
Doch was, wenn der Funke nicht überspringt? Was, wenn die hochqualifizierten Migranten von 2015 einfach… nun ja… Menschen sind? Mit Hoffnungen, Träumen und Schwächen? Was, wenn sie nicht auf magische Weise die österreichische Wirtschaft retten? Was, wenn sie – Gott bewahre – nur ein neues Leben wollten, frei von Krieg und Elend?
Soziologen und ihre grenzenlosen Visionen
Man fragt sich, wie Herr Gächter heute auf seine damaligen Aussagen blickt. Vielleicht sitzt er irgendwo in einem Büro, starrt auf Statistiken und denkt sich: „Nun ja, die Idee war gut.“ Vielleicht träumt er noch von der „qualifiziertesten Einwanderung“, während er seinen Lebenslauf für eine neue Position in der öffentlichen Verwaltung optimiert. Denn Visionäre, das muss man ihnen lassen, leben oft länger als ihre Visionen.
Vielleicht ist es an der Zeit, der Realität ins Auge zu sehen: Migration, so scheint es, ist kein Bildungslotto, bei dem man jedes Mal den Jackpot knackt. Manchmal bekommt man, was man erwartet, und manchmal bekommt man einen gesunden Teil menschlicher Normalität. Menschen sind keine wandernden Diplome, keine mobilen Universitäten. Sie kommen mit Hoffnungen und Ängsten, aber auch mit Herausforderungen und Anpassungsschwierigkeiten.
Und nun, liebe Österreichische Gesellschaft…
Vielleicht war die Vorstellung einer „hochgebildeten Elite“ doch ein wenig zu optimistisch. Vielleicht – und das ist der zynische Clou an der ganzen Sache – gibt es gar keinen „Rettungsanker Migration“, der alle wirtschaftlichen und sozialen Probleme löst. Vielleicht hat man einfach Menschen aufgenommen, die nicht aus dem Elfenbeinturm der Bildung kamen, sondern aus den Ruinen ihrer zerstörten Heimat.
Wie auch immer, das Narrativ vom „Syrer mit höherer Bildung als der Österreicher“ hat sich wohl endgültig erledigt. Die Versprechungen von damals klingen heute hohl, die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Und Herr Gächter? Er darf weiter träumen – von den Universitäten, die er niemals füllen wird.
Quellen und weiterführende Links:
- [Der Standard: Bericht über syrische Akademiker (2015)]
- [AMS Österreich: Erwerbsbeteiligung von Flüchtlingen (2024)]
- [Statistik Austria: Erwerbstätigkeit von Migranten]
- [Österreichische Tageszeitung: Die Realität der Einwanderung heute]