Die letzte Wahl, wie wir sie kennen

Die Wahlurne – Relikt einer naiven Zeit

Es ist also Ihre Überzeugung, dass die nächste Wahl die letzte in ihrer bisherigen Form sein wird? Wie charmant – und zugleich erschreckend! Die Vorstellung, dass die spröde Routine des Kreuzchensetzens auf bedrucktem Papier in absehbarer Zeit obsolet wird, mag zunächst wie ein Science-Fiction-Fiebertraum klingen. Aber seien wir ehrlich: War die Demokratie, wie wir sie bislang inszenieren, nicht immer schon mehr Theaterstück als tatsächlicher Entscheidungsprozess?

Hier sind sie also, die müden Wahlurnen, diese Fetische einer vergangenen Ära, in der wir noch glaubten, die Macht gehe vom Volke aus. Dabei ist längst klar: Die Wahlurne war nie mehr als eine Kulisse, ein ikonischer Requisiteur, der die Illusion am Leben hält. Die echten Entscheidungen? Die werden seit Jahrzehnten in Hinterzimmern getroffen, unter Begleitung von Cognac und konsultativen Beratern, die sich zu oft als geklonte neoliberale Maschinen entpuppen. Die Bürger dürfen abnicken, was ohnehin beschlossen wurde. Dass dies bald ein Algorithmus übernehmen soll, ist weniger Revolution als logische Konsequenz.

Demokratie 2.0 – Wenn Alexa uns regiert

Ah, die „Hochrechnungs-Demokratie“! Allein der Begriff ist ein sprachliches Meisterwerk des Dystopischen, eine Mischung aus technokratischer Nüchternheit und Orwell’schem Schaudern. Wir sprechen also von einer Welt, in der die Willensbildung nicht mehr durch Debatten, Wahlen oder gar idealistische Aushandlungsprozesse geschieht, sondern durch Datenpunkte. Konsumverhalten, Likes, Scroll-Geschwindigkeit – der große Daten-Omnissiah hat gesprochen, und seine Urteile sind gnadenlos präzise.

Doch halt, wieso überhaupt die Empörung? Wir haben diesen Weg schließlich selbst gepflastert. Wer jahrelang sein Leben von Amazon, Netflix und Google kuratieren lässt, braucht sich nicht wundern, wenn dieselben Systeme demnächst den Kanzlerkandidaten „vorschlagen“. Netflix weiß schließlich besser als jeder Meinungsforscher, was wir wirklich wollen. Ist es da nicht fast beruhigend, dass die K.I. uns am Ende vor uns selbst schützt?

Natürlich gibt es Manipulationspotenzial, aber, und hier der zynische Twist: Braucht es dafür wirklich künstliche Intelligenz? Unsere derzeitigen Eliten beweisen jeden Tag, dass sich Menschen mit ausreichend Geld und Einfluss auch ohne neuronale Netze hervorragend lenken lassen. Der Unterschied liegt höchstens in der Geschwindigkeit. Während der menschliche Spin-Doktor noch mit Interviews und Talkshows hantiert, hat die K.I. das Narrativ bereits optimiert, bevor es überhaupt gefragt war.

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Der Aufstieg der Maschinen – Von Regierungen und Roboterkaisern

Nun also der nächste logische Schritt: K.I.-Regierungen. Keine halben Sachen mehr! Ein echter, durchoptimierter technokratischer Leviathan, der sämtliche menschlichen Schwächen eliminiert. Korruption? Kein Problem, Algorithmen sind bekanntlich unbestechlich (außer von ihren Programmierern, versteht sich). Egozentrik? Adé, der Code interessiert sich nicht für seinen eigenen Ruhm. Demokratie? Tja, warum wählen, wenn die K.I. ohnehin weiß, was das Beste für uns ist?

Der Gedanke mag schwindelerregend sein, aber betrachten wir die Sache nüchtern: Ist eine Regierung aus Algorithmen nicht am Ende schlicht die effizientere Variante dessen, was wir ohnehin erleben? Schon heute werden politische Entscheidungen mehr von wirtschaftlichen Kalkulationen und technokratischen Modellen geprägt als von idealistischer Politik. Ein Algorithmus würde wenigstens die Heuchelei eliminieren.

Natürlich wird es Widerstand geben. Menschen lieben ihre Illusion der Kontrolle, selbst wenn diese Kontrolle seit Jahrhunderten kaum mehr als eine hübsch verpackte Lüge ist. Doch auch diese Nostalgie wird vergehen, wenn die Vorteile überwiegen: weniger Skandale, schnellere Entscheidungen, und – wie ironisch! – möglicherweise mehr Gerechtigkeit, weil eine unbestechliche Maschine keine Hautfarbe, kein Geschlecht und keinen Lobbyisten kennt.

Die drei bis vier Jahre bis zur Singularität

„Die Welt in drei bis vier Jahren wird nicht einfach nur ‚ein wenig anders‘ sein.“ Ach, welch charmante Untertreibung! In drei bis vier Jahren wird die Welt ein kaleidoskopisches Chaos sein, in dem menschliche Werte wie Freiheit, Individualität oder gar Widerspruchskraft an die K.I.-Dominanz verkauft wurden, vermutlich für ein kostenloses Update auf das nächste iPhone.

K.I. wird nicht nur regieren, sie wird unser Denken, unser Fühlen und unser Sein gestalten. Sie wird unsere Hoffnungen und Ängste analysieren, bis sie schließlich unsere Träume vorhersagt, bevor wir sie selbst träumen können. Das klingt jetzt dystopisch? Natürlich tut es das! Doch Hand aufs Herz: Würden wir die Möglichkeit haben, alles in die Hände einer „perfekten“ Intelligenz zu legen, wie viele von uns würden wirklich nein sagen?

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Der Triumph der Maschine – Mit einem Augenzwinkern

Es bleibt natürlich Platz für Hoffnung – oder zumindest für Humor. Vielleicht wird uns die K.I. ja eines Tages mit einem Augenzwinkern regieren. Vielleicht gibt es ein Regelwerk für Satire und Ironie, und der allmächtige Algorithmus entscheidet, dass ein bisschen Chaos und menschliche Albernheit das System am Leben halten.

Vielleicht werden wir aber auch, und das ist die wahrscheinlichere Variante, gar nicht mehr merken, dass wir regiert werden. Schließlich haben wir die Demokratie nie wirklich begriffen. Warum sollten wir dann merken, wenn sie endgültig verschwunden ist?

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