
Von großen Denkern und noch größeren Denkern
Es gibt Philosophen, deren Namen sich über Jahrtausende in den Köpfen der Menschheit festsetzen. Platon, Aristoteles, Kant – sie alle haben unser Denken geformt und uns gelehrt, was es heißt, Mensch zu sein. Und dann gibt es die großen Denker der FPÖ, die uns mit ganz anderen Einsichten bereichern. Ihre Weisheiten entstammen einer Welt, die so tief in der österreichischen Identität verankert ist, dass man schon fast glauben könnte, sie wären die Wiedergeburt von Sokrates, bloß mit etwas mehr Almdudler im Blutkreislauf.
Von diesen großen Denkergrößen soll hier die Rede sein, auch wenn der Begriff „Denker“ hier sehr großzügig ausgelegt wird – schließlich müssen auch kleine Fische mal in einen Teich springen, der ihnen deutlich zu groß ist.
Muhammad Ali und das Kärntner Bier – Eine unvergessliche philosophische Lektion
Muhammad Ali, einst der größte Boxer der Welt, hat nicht nur Sportgeschichte geschrieben. Nein, er hat auch einen bescheidenen, aber ehrgeizigen FPÖ-Landeshauptmann aus Kärnten zu tiefgreifenden philosophischen Betrachtungen inspiriert. So geschehen im Jahr 2013, als die Kärntner Landtagswahl anstand und Gerhard Dörfler auf die Frage antwortete, wie man es schaffe, politische Fehden so meisterhaft zu führen und anschließend wieder zur Tagesordnung überzugehen. Dörfler, ein Mann von selten gesehener Geistesgröße, verglich diesen Vorgang mit den Boxkämpfen des Jahrhunderts zwischen Cassius Clay, alias Muhammad Ali, und seinen Widersachern.
„Cassius Clay und Muhammad Ali haben sich die wildesten Boxkämpfe des Jahrhunderts geliefert und danach ein Bier getrunken“, verkündete Dörfler mit einem Glanz in den Augen, der fast so hell war wie die rhetorische Leere hinter der Aussage. Es war eine jener unvergesslichen Momente, in denen einem klar wird, dass philosophische Tiefe nicht immer mit Klarheit einhergeht. Die frappierende Erkenntnis: Es ist völlig egal, ob man gerade politische Konkurrenten diffamiert, Xenophobie schürt oder tief in die rechtspopulistische Trickkiste greift – am Ende des Tages können wir alle ein Bier trinken. So einfach ist das. Dörfler hat es verstanden.
Strache, der neue Aristoteles
Wenn Aristoteles die „Polis“ als den Raum definierte, in dem der Mensch sein volles Potenzial als soziales Wesen entfalten kann, dann hat Heinz-Christian Strache – seines Zeichens Philosoph und ehemaliger Vizekanzler – diese Definition um ein paar entscheidende Facetten erweitert. In seiner visionären Weltanschauung nimmt die „Polis“ die Form einer Wiener Nobeldisko an, in der man mit russischen Oligarchennichten dubiose Geschäfte verhandelt. Doch während Aristoteles‘ Polis der Ort des Gemeinwohls war, steht Straches Version für etwas ganz anderes: das individuelle Wohl und vor allem das Wohlergehen des eigenen Bankkontos.
In einem denkwürdigen Moment sagte Strache in der Ibiza-Affäre, die mittlerweile mehr als nur legendär ist: „Ich will sofort alles haben.“ Was auf den ersten Blick wie die Äußerung eines schlecht erzogenen Kindes wirken könnte, entpuppt sich bei genauerer Analyse als tiefschürfende philosophische Maxime. „Alles“ steht hier für das absolute, uneingeschränkte Streben nach Macht und Einfluss – und das „sofort“ ist Ausdruck der postmodernen Ungeduld, in der Zeit ein dehnbarer Begriff ist und moralische Grundsätze sowieso nur hinderlich sind. Strache, der wahre Aristoteles unserer Zeit, hat es verstanden: Wenn die Gelegenheit da ist, muss man zugreifen – ob es um den Staat oder den Strandclub auf Ibiza geht.
Norbert Hofer – Der Stoiker im Tarnanzug
Die Stoiker glaubten, dass der Mensch durch Selbstbeherrschung und innere Ruhe die Widrigkeiten des Lebens überwinden könne. In unserer Zeit, die so oft von Unruhe, Unsicherheit und emotionalen Schwankungen geprägt ist, steht Norbert Hofer als lebendiges Beispiel für diese uralte Philosophie. Doch er hat der Lehre der Stoiker eine zusätzliche Dimension hinzugefügt: die perfekte Balance zwischen stoischer Gelassenheit und latentem Rechtspopulismus.
Hofer ist ein Mann, der es versteht, auch im größten Shitstorm zu lächeln – ein Markenzeichen, das man auch als masochistischen Optimismus bezeichnen könnte. Die berühmte Szene, als er 2016 bei einer Wahlkampfrede sagte, „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“, gehört längst in die Annalen der politischen Philosophie. War es eine Drohung? Eine Prophezeiung? Oder doch nur der Hinweis auf seine gelassene Akzeptanz gegenüber der Unberechenbarkeit des Schicksals? Wahrscheinlich alles zusammen.
Hofer, der Philosoph in Tarnkleidung, hat es verstanden: Im tiefen Inneren bleibt der Mensch unbewegt, selbst wenn der populistische Wind von rechts aufzieht. Man darf nur nie vergessen, dabei freundlich zu lächeln.
Kickl – Der Meister des Hobbes’schen Naturzustands
Thomas Hobbes lehrte uns, dass das Leben im Naturzustand „einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz“ sei. Wenn es jemanden gibt, der dies voll und ganz verinnerlicht hat, dann ist es Herbert Kickl, der ehemalige Innenminister und heutige Parteichef der FPÖ. In seinen Reden schwingt die tiefe, hobbes’sche Überzeugung mit, dass der Mensch, wenn man ihn nur lässt, zum räudigen Tier wird, das vor nichts zurückschreckt. Die einzige Lösung: mehr Zäune, mehr Grenzen, mehr Polizei – kurzum: ein Leviathan, der mit eiserner Hand regiert und alles kontrolliert.
Kickl, der Meister der Rhetorik, hat keine Scheu, das Unaussprechliche auszusprechen und das Unbequeme salonfähig zu machen. Während Hobbes noch die Vorstellung hatte, dass der Staat den Menschen vor seiner eigenen Unberechenbarkeit schützen müsse, hat Kickl diese Idee konsequent weitergedacht: Der Mensch muss vor dem Fremden geschützt werden. Denn, wie er es so gerne predigt, das Fremde ist das Tierische, das Wilde, das Unkontrollierbare. Und wenn wir das nicht im Zaum halten, dann ist es um uns geschehen.
Es ist kein Zufall, dass Kickls politische Philosophie in ihrer Essenz an den düsteren Hobbes erinnert. Er weiß, was wir alle tief im Inneren längst erkannt haben: Ohne strenge Hand wäre Österreich ein einziger Tiergarten.
Die Dialektik des Boulevards – oder wie man es schafft, Recht und Unrecht zu vereinen
Was wäre die Philosophie der FPÖ ohne die unermüdliche Unterstützung des Boulevards? Diese geistige Einheit zwischen der FPÖ und gewissen Zeitungen, die den investigativen Journalismus längst gegen den investigativen Kaffeklatsch eingetauscht haben, stellt einen der wichtigsten Grundpfeiler der „freiheitlichen“ Denkschule dar. Hier wird in einer dialektischen Meisterleistung der Wahrheit auf den Grund gegangen – indem man sie kurzerhand durch gezielte Halb- und Unwahrheiten ersetzt.
Es ist eine dialektische Übung, die selbst Hegel schaudern lassen würde: Einerseits wettert man gegen die „Lügenpresse“, andererseits bedient man sich ihrer Mechanismen, um das eigene Weltbild in die Köpfe der Menschen zu hämmern. Es ist diese beständige Ambivalenz, diese simultane Anziehung und Abstoßung, die die Philosophen der FPÖ so besonders macht.
Eine zynische Zukunft voller Weisheit
Und so endet unser kleiner Ausflug in die tiefen Täler der freiheitlichen Philosophie. Eine Denkschule, die geprägt ist von Bier-Metaphern, Ibiza-Träumen und einem gesunden Maß an Ressentiment gegenüber allem, was nicht ins eigene Weltbild passt. Es bleibt zu hoffen, dass diese intellektuellen Schwergewichte auch in Zukunft ihre Weisheiten mit uns teilen – denn was wäre die politische Landschaft ohne die großen Philosophen der FPÖ?
Weiterführende Quellen und Links:
- Kleine Zeitung: „Wie Muhammad Ali die Kärntner Landespolitik beeinflusste“ – Ein Interview mit Gerhard Dörfler
- Der Standard: „Die Ibiza-Affäre und ihre philosophischen Implikationen“
- Profil: „Norbert Hofer: Der Stoiker unter den Rechtspopulisten“
- Die Presse: „Herbert Kickl und der Naturzustand – Ein Hobbes’scher Albtraum“