Die große Bereitschaft zum Krieg …

… solange es andere betrifft

Es gibt Statistiken, die einem die Kinnlade herunterklappen lassen. Laut einer aktuellen Umfrage sind nur 17% der Deutschen bereit, im Falle eines Angriffs die Waffe zur Verteidigung des Landes in die Hand zu nehmen. Schlimmer noch: Unter den Anhängern der Grünen sind es gar nur 10%. Das sind jene Leute, die ihre moralische Erhabenheit sonst wie eine Monstranz vor sich hertragen, jene, die immer wissen, was das Richtige ist, besonders wenn es andere ausbaden müssen. Doch wehe, es geht nicht um eine vage Theorie, sondern um kaltes Metall in der Hand, Pulverdampf in der Luft und die sehr reale Gefahr, mit einem Bajonett Bekanntschaft zu machen.

Wer stirbt für die Werte? Bitte melden!

Die Empörung ist stets groß, wenn es darum geht, dass „unsere Demokratie verteidigt werden muss“. Aber wer genau soll das tun? Jan-Ole, der angehende Philosophiestudent aus dem Prenzlauer Berg? Marie-Luise, die zum dritten Mal in diesem Jahr nach Bali fliegt, um sich „zu erden“? Oder doch lieber Rico aus Gelsenkirchen, dessen Lebenslauf ohnehin nicht in die Weltrettungspläne der Oberstudienräte passt? Vielleicht Danlyo oder Artem, die ohnehin irgendwie als „kampferprobt“ gelten, weil sie aus der Ukraine oder Syrien stammen?

Es ist eine bequeme Angelegenheit: Moralische Forderungen stellen, aber die Konsequenzen delegieren. Natürlich hat man am Ende nichts gegen eine schlagkräftige Bundeswehr – solange man selbst nicht mitmacht. Es ist doch viel stilvoller, aus sicherer Entfernung das große Schachspiel der Geopolitik zu kommentieren. Schließlich lässt sich am Küchentisch mit Fair-Trade-Kaffee und Sojamilch sehr gut über strategische Eskalation reden.

Erfahrung gegen Gesinnung

Nun könnte man meinen, dass diejenigen, die den Krieg kennen, am lautesten nach ihm rufen. Doch die Realität sieht anders aus. Ehemalige hochrangige Militärs sind oftmals kritischer gegenüber militärischen Abenteuern als jene, die schon am Binden der Stiefel scheitern. Die Generation, die den Wehrdienst abgeschafft hat, spielt nun mit Kriegsrhetorik, als wäre das alles ein Strategiespiel am Laptop.

TIP:  Willkommen in der politischen Lotterie!

Es ist eine bizarre Umkehrung von Kompetenz und Entscheidungsgewalt: Diejenigen, die keine Ahnung haben, fordern den Krieg, während jene, die das Grauen aus erster Hand kennen, mahnen und warnen. Bereits Erich Maria Remarque wusste: „Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen.“

Die Realität ist keine Netflix-Serie

Unsere Wohlstandsverwahrlosung hat ein seltsames Phänomen hervorgebracht: eine militärisch unbedarfte Generation, die den Krieg für eine moralische Pflicht hält – aber natürlich nur für andere. Der postmoderne Mensch glaubt an seine eigenen Erzählungen. Er hat sich an Heldengeschichten aus Hollywood gewöhnt, an das Märchen vom ewigen Triumph des Guten. Dass die Realität sich nicht nach Drehbüchern richtet, dass es keine garantierten Happy Ends gibt, diese Erkenntnis ist offenbar verloren gegangen.

Doch die Wahrheit ist hässlich: Es gibt keinen ehrenhaften Krieg, keinen moralisch sauberen Waffengang. Die Vorstellung, dass der „richtige“ Krieg endlich all die Widersprüche unserer Gesellschaft auflöst und eine bessere Welt schafft, ist nicht nur naiv, sondern gefährlich. Die größte Ironie bleibt: Diejenigen, die am lautesten fordern, dass etwas getan werden muss, sind die Ersten, die sich zurückziehen, wenn es ernst wird.

Wenn der Feind kommt, sind die meisten leider gerade beschäftigt

Vielleicht sollten wir ehrlich sein: Die große Mehrheit der Deutschen ist nicht bereit, für das Land zu kämpfen. Das mag man feige oder klug nennen, aber es ist Realität. Wer also wirklich glaubt, dass unser Land, unsere Demokratie und unsere Werte auf dem Spiel stehen, sollte sich fragen, was das konkret bedeutet. Ein bisschen Empörung auf Twitter wird dann nicht reichen. Und wenn es irgendwann ernst wird, dann haben die meisten leider gerade etwas Wichtigeres zu tun.

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