Die Dystopie des Herren Schwab

You will own nothing and be happy

Wie bitte? Wir sollen nichts besitzen und trotzdem glücklich sein? Man muss sich diesen Satz auf der Zunge zergehen lassen, als sei er ein Tropfen digitaler Absinth. Die Visionäre des Weltwirtschaftsforums (WEF) präsentieren uns dieses Bonmot, als hätten sie den Schlüssel zu einer besseren Welt entdeckt – oder zumindest zu einer Welt, in der unsere Schlüssel nichts mehr öffnen. Kein Eigentum, keine Sorgen. Keine Hypothek, kein Haus. Kein Auto, keine Reparaturen. Alles nur noch geliehen, alles bereitgestellt. Eine Welt, in der wir offenbar sorglos durch die Straßen schlendern, weil wir ohnehin keine Verantwortung mehr tragen.

Klaus Schwab, der unerschütterliche Steuermann dieser neuen Weltordnung, führt die Karavane der progressiven Denker an. Sein „Great Reset“ ist ein Paradigma für die Zukunft. Doch während seine Anhänger in Euphorie schwelgen, vernehmen Skeptiker ein leises, aber hartnäckiges Knirschen im Getriebe. Ist diese Vision wirklich eine Befreiung? Oder handelt es sich um den verzweifelten Versuch, den digitalen Feudalismus in ein Narrativ zu kleiden, das selbst George Orwell zu grotesk gewesen wäre?

Von Freiheit zu Miete – der ewige Kreislauf des Fortschritts

Betrachten wir die These einmal genauer: Eigentum ist anstrengend. Es erfordert Pflege, Verantwortung und vor allem finanzielle Mittel. Doch was passiert, wenn der Besitz verschwindet? Offiziell wird versprochen, dass dies die Last des Einzelnen lindern und eine gerechtere Gesellschaft schaffen wird. Keine teuren Immobilienkäufe mehr, keine Leasingverträge, keine Ratenzahlungen. Stattdessen: universeller Zugang.

Klingt doch toll, oder? Doch halt! Wer verwaltet all das? Wer besitzt die Dinge, die wir nur noch nutzen dürfen? Hierin liegt die Krux. Eigentum verschwindet nicht, es wird lediglich konzentriert. Statt der mühsamen Kleinteiligkeit des Privateigentums erhalten wir globale Megakonzerne, die unsere Häuser vermieten, unsere Mobilität lenken und sogar unsere Kleidung nach Bedarf verteilen. Wir mieten die Realität – und die Vermieter sitzen in Davos.

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Das Glück als algorithmisch optimierter Zustand

Herren Schwabs Plan verheißt uns auch Glück. Doch was ist das eigentlich? Kann Glück wirklich entstehen, wenn unser gesamtes Leben nur noch aus Abos, Verträgen und „as-a-Service“-Modellen besteht? Wenn die Couch, auf der wir sitzen, nicht mehr unsere eigene ist, sondern von IKEA in Kooperation mit Amazon und Google bereitgestellt wird – und uns zuhört, um das nächste Kissen besser zu personalisieren?

Das Glück in dieser Vision ist kein Gefühl mehr, sondern ein KPI. Ein algorithmisch optimierter Zustand, der von KI gesteuert wird. Bist du traurig? Vielleicht wird dein Miet-Bett automatisch die Neigung ändern, dein Licht dimmen oder dir eine Playlist mit beruhigenden Klängen schicken. Aber wehe, du rebellierst. Wer die AGBs nicht akzeptiert, wird ausgesperrt – und zwar aus der eigenen Wohnung. Wer sich dem System verweigert, wird schlichtweg abgeschaltet.

Die Ironie des Fortschritts

Es ist eine köstliche Ironie, dass diese so modern anmutende Vision frappierend an das Mittelalter erinnert. Dort hatten die Lehnsherren das Eigentum und die Bauern nutzten es. Die Masse arbeitete für die Elite, lebte von deren Gnade und gab den Großteil ihrer Erträge ab. Es scheint fast so, als wäre die Technologie nicht der Weg in die Zukunft, sondern eine Zeitmaschine, die uns in eine neue Ära des Feudalismus katapultiert – nur dass die Lehnsherren jetzt CEOs und Oligarchen heißen.

Aber Moment! Die Bauern des Mittelalters hatten immerhin noch ein Stück Land, auf dem sie schuften konnten. In der Schwabschen Dystopie haben wir nicht einmal das. Unsere „Felder“ sind digitale Plattformen, unsere „Ernte“ besteht aus Daten. Und die Rechte daran? Natürlich nicht unsere.

Die stille Übernahme der Demokratie

Was bleibt von der Demokratie in einer Welt, die von Konzernen verwaltet wird? Politische Entscheidungen werden überflüssig, wenn wirtschaftliche Interessen ohnehin den Kurs bestimmen. Während wir noch über Mindestlohn oder Datenschutz debattieren, entzieht sich die tatsächliche Macht unserer Reichweite.

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Demokratische Prozesse sind in Schwabs Vision ein Relikt der Vergangenheit. Die WEF-Elite entscheidet, was das Beste für uns ist, während wir in einem künstlichen Glücksgefühl verharren. Der Bürger wird vom Souverän zum Konsumenten – pardon, Nutzer. Aber wer regt sich schon auf, wenn der Algorithmus immer die passende Netflix-Serie parat hat?

Widerstand zwecklos?

Natürlich gibt es kritische Stimmen. Doch werden diese schnell als rückwärtsgewandt, verschwörungstheoretisch oder einfach nur ignorant abgetan. Der Fortschritt duldet keinen Widerspruch. Wer Zweifel hegt, wird zum Störfaktor. Denn in einer Welt, in der alles vernetzt ist, braucht es keine physische Gewalt mehr, um Widerstand zu brechen. Man kappt einfach die digitale Verbindung.

Die große Illusion des Glücks

„You will own nothing and be happy.“ Diese Worte klingen wie eine Drohung, eingewickelt in den süßen Duft einer Werbekampagne. Sie versprechen uns eine bessere Welt, in der wir befreit von der Last des Besitzes leben können. Doch in Wahrheit könnten wir alles verlieren, was uns als Individuen ausmacht: unsere Autonomie, unsere Rechte und vor allem unsere Fähigkeit, nein zu sagen.

Die Schwabsche Vision ist kein Reset, sondern eine Umverteilung – von unten nach oben. Und während die Elite in ihren Luxus-Eigentümern verweilt, werden wir, das Fußvolk, in mietbaren Schuhen auf dem Pfad der Digitalisierung wandeln. Ob wir dabei glücklich sind, wird uns ein Algorithmus schon sagen.


Weiterführende Links und Quellen

  1. World Economic Forum – The Great Reset
  2. Artikel: „The Rise of Rentership and the Death of Ownership“ – Financial Times
  3. Studie: „How Digital Platforms Redefine Ownership“ – Harvard Business Review
  4. Buch: Klaus Schwab – The Great Reset (2020)
  5. Dokumentation: „Davos Uncovered: Power, Politics and Influence“ (BBC)
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