
Vom Ende der Meinungsfreiheit, wie wir sie kennen
Es war einmal in einem fernen Teil Europas, wo Meinungen noch frei waren. Dort konnte jeder Bürger, so dachte man zumindest, seine Gedanken frei äußern, ohne Angst zu haben, dass ihn ein anonymes Gremium der Repression bestraft. Doch das ist nun Geschichte. Denn der Digital Service Act (DSA), jenes kafkaeske Machwerk, das von einem nicht demokratisch gewählten Gremium namens EU-Kommission – besser bekannt als das Politbüro Europas – ersonnen wurde, beendet die Ära der freien Meinung mit einem gezielten Schuss ins Herz der Demokratie.
102 Seiten guter Ideen zur Unterdrückung
Der DSA, dieses Meisterstück der modernen Bürokratie, umfasst stolze 102 Seiten. Man sollte meinen, es handele sich um eine Anleitung für eine bessere digitale Zukunft, eine Roadmap für den Schutz der Bürgerrechte im Netz. Falsch gedacht! Was wir hier vor uns haben, ist ein kunstvoll verschleierter Plan zur systematischen Unterdrückung unerwünschter Meinungen.
Die Zeiten, in denen eine unabhängige Justiz über die Rechtmäßigkeit von Meinungsäußerungen entschied, sind vorbei. Stattdessen werden nun digitale Blockwarte eingesetzt, im euphemistisch-neurolinguistisch programmierten EU-Neusprech als Trusted Flagger bezeichnet. Diese privaten Zensoren – denn nichts anderes sind sie – haben die Macht, darüber zu urteilen, was Hass, Hetze und falsche Informationen sind. Und das tun sie mit einer beunruhigenden Willkür und einer geradezu absurden Definition von „Gefühlen“.
Wenn GmbHs und Vereine über Gefühle entscheiden
Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Vereine und GmbHs entscheiden über ein Gefühl – Hass. Hass, dieses zutiefst subjektive, komplexe, menschliche Empfinden, das uns die Philosophen seit Jahrtausenden zu erklären versuchen, wird nun von wohltätigen Organisationen und Wirtschaftskammern bestimmt. Denn, wie jeder weiß, wer könnte Hass besser definieren als eine gemeinnützige GmbH mit Sitz in einem Bürokomplex irgendwo im grauen Wien?
Hierzu die illustren Liste der Blockwarte der österreichischen Meinungsfreiheit:
- Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb: Mitglieder sind mehr als 600 Fachorganisationen aller Wirtschaftskammern Österreichs und deren Unternehmer. Ja, genau – die Vertreter der Wirtschaftselite, jene, die uns regelmäßig mit Preiserhöhungen und Lobbyarbeit beglücken, sind jetzt auch die obersten Hüter unserer digitalen Seelenlandschaft. Das Credo lautet wohl: Wer den Wettbewerb verzerrt, verzerrt auch die Meinungen. Perfekt!
- Rat auf Draht gemeinnützige GmbH: Im Hintergrund lauert der ORF, jener Sender, der uns seit Jahrzehnten mit einseitigen Nachrichten bombardiert und als der Hüter der objektiven Berichterstattung gilt – zumindest aus Sicht seiner eigenen Redaktionen. Dass diese Organisation sich nun als Wächter über das „Gemeinwohl“ im Netz aufspielt, ist an Ironie kaum zu überbieten.
- Österreichisches Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT): Hier wird’s besonders spannend. Unter den Auftraggebern finden sich nicht nur die üblichen Verdächtigen wie das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium für Inneres, sondern auch die Europäische Kommission und die Wirtschaftskammer Österreichs (WKO). Man könnte fast meinen, es gehe weniger um Hass und Hetze, sondern vielmehr um ein perfektioniertes Überwachungsinstrument im Dienste der politischen und wirtschaftlichen Eliten.
Zensur 2.0
Die wahre Perfidie dieses Gesetzeswerks liegt jedoch nicht nur in der Frage, wer über richtig und falsch entscheidet, sondern vor allem, dass diese Macht nun vollständig privatisiert wurde. In einem brillanten Schachzug hat die EU-Kommission die Zensur an private Akteure ausgelagert – die Regierung bleibt offiziell außen vor, während Unternehmen und NGOs den schmutzigen Job der Meinungskontrolle übernehmen. Sie fungieren als Handlanger, während die Politik ihre Hände in Unschuld wäscht und mit einer blumigen Rhetorik von Verantwortung und Schutz der Bürger daherkommt.
Doch wie sieht diese neue, privatwirtschaftliche Zensur in der Praxis aus? Man muss nicht lange suchen, um Beispiele zu finden. Die sozialen Netzwerke, jene modernen Marktplätze der Ideen, mutieren immer mehr zu sterilisierten Räumen, in denen jeglicher Diskurs, der nicht der vorgegebenen moralischen Linie entspricht, systematisch eliminiert wird. Zunächst war es nur Hassrede, dann kamen Fake News hinzu – und wer entscheidet, was fake ist? Natürlich diejenigen, die den größten Nutzen aus der Kontrolle der Wahrheit ziehen.
Es dauert nicht lange, bis auch unbequeme politische Meinungen, Kritik an Regierungen oder schlicht kontroverse Standpunkte unter die Zensurkeule fallen. Alles im Namen des „Schutzes der Demokratie“ – wie paradox.
Die Blockwarte in Aktion
Schauen wir uns das österreichische Modell der Blockwarte etwas genauer an. Hier stehen uns wahre Leuchten der freien Meinung gegenüber. Der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb – das klingt fast wie eine Parodie auf den Orwell’schen Gedankenpolizisten – wird jetzt also darüber befinden, welche Meinungen im Internet als unlauter gelten. Wer das kritisiert, wird vermutlich bald von einer dieser Fachorganisationen freundlich darauf hingewiesen, dass die Grenzen der freien Meinungsäußerung auch im digitalen Raum zu beachten sind.
Der Rat auf Draht, ursprünglich eine Beratungsstelle für Jugendliche in Not, entscheidet nun, welche Erwachsenendiskurse als gefährlich oder hasserfüllt gelten. Eine bemerkenswerte Karriereentwicklung. Wer braucht schon Fachjuristen oder Ethikkommissionen, wenn man den ORF im Rücken hat?
Und nicht zu vergessen das Österreichische Institut für angewandte Telekommunikation, das im Auftrag von Regierungsstellen und Telekom-Unternehmen agiert. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis der Algorithmus unserer heimischen Internetanbieter uns freundlich darauf hinweist, dass unser Posting von gestern Abend „falsch“ war und deshalb aus Gründen des allgemeinen Wohls entfernt werden musste.
Eine Gesellschaft im Würgegriff der Zensoren
Was wir hier erleben, ist nicht weniger als der finale Triumph der Zensur über die Meinungsfreiheit. Eine Demokratie, in der Meinungen von einer kleinen Elite vorgefiltert und sanktioniert werden, kann nicht mehr als frei bezeichnet werden. Doch noch absurder wird es, wenn man sich bewusst macht, dass es am Ende juristisch völlig undefinierte Begriffe wie Hass und Falschinformationen sind, die den Ausschlag geben.
Wie soll eine GmbH, die von der Wirtschaftskammer gesponsert wird, objektiv über das Gefühl Hass befinden? Und wie kann eine NGO darüber entscheiden, was „wahre“ Informationen sind, während sie im selben Atemzug staatliche Fördergelder einsackt?
Der Digital Service Act mag auf den ersten Blick wie ein Versuch erscheinen, die Bürger vor den Gefahren des Internets zu schützen. In Wirklichkeit jedoch ist er ein massiver Angriff auf die Grundlagen der Demokratie und der freien Rede. Mit einem Schlag hat die EU-Kommission es geschafft, die Meinungsfreiheit zu privatisieren und damit die Türen für eine beispiellose Willkür zu öffnen.