
Die Welt geht unter, aber bitte divers. Wenn schon der thermonukleare Schlagabtausch auf europäischem Boden unvermeidlich scheint – und diverse Generäle in gebügelten Uniformen mit blasiertem Lächeln und NATO-Pin am Revers hinter verschlossenen Türen die finale Pyrotechnik-Performance ausbaldowern –, dann doch wenigstens unter Einhaltung der Inklusionsrichtlinien. Die Gleichstellungskommission der Apokalypse tritt zusammen: Sollten wir nicht auch die letzten Sekunden der Zivilisation mit einer gendergerechten Sprache begleiten? Ein verstrahltes „Sehr geehrte Damen und Herren“ wäre ja nun wirklich ein Rückfall in die barbarische Vorzeit. In der Hölle des atomaren Feuersturms sollte es doch wenigstens „Sehr geehrte Überlebenswillige aller geschlechtlichen Identitäten“ heißen.
Glaslandschaften mit Safe Spaces
Während die russischen Hyperschallraketen und amerikanischen Minuteman-III-Sprengköpfe sich im transatlantischen Gleichschritt den Luftraum teilen, arbeitet ein Expert*innengremium in Brüssel fieberhaft an einer Richtlinie zur queerfeministischen Gestaltung von Bunkeranlagen. Wieso eigentlich nur Männertoiletten in den Schutzkellern? Gibt es im Ödland von morgen eine Paritätsquote bei der Verteilung der letzten Konservendosen? Und sind die Strahlenanzüge eigentlich vegan? Die Apokalypse mag unbarmherzig sein, aber auch sie sollte bitte den neuesten Diversity-Standards genügen.
Cancel Culture trifft Fallout
Man stelle sich den finalen Schlagabtausch als Twitter-Debatte vor: Ein Atompilz steigt über Berlin auf, aber die eigentliche Empörung entzündet sich daran, dass der Verteidigungsminister in seiner Abschiedsrede den Begriff „Zivilbevölkerung“ ohne Genderstern verwendet hat. Eine Online-Petition gegen diesen Fauxpas erreicht in den letzten zwei Minuten vor dem elektromagnetischen Puls 100.000 Unterschriften. Die Erde brennt, aber das wahre Verbrechen bleibt natürlich die mangelnde Sensibilität in der Wortwahl.
Strahlenschutz für Mikroaggressionen
Wenn die letzten Aschewolken sich senken, werden nicht die stärksten oder intelligentesten Überleben, sondern die mit der feinsten Antenne für sprachliche Unsauberkeiten. Während die einen mühsam versuchen, aus radioaktivem Schutt eine improvisierte Wasseraufbereitungsanlage zu basteln, klagt jemand anderes über den Mangel an non-binären Repräsentationsfiguren in den verbliebenen Propagandabroschüren des Zivilschutzes. Auch die Postapokalypse ist ein Raum, in dem intersektionale Machtverhältnisse dekonstruiert gehören.
Queerfeministische Fallout-Ästhetik
Die Überreste der Menschheit organisieren sich in Clans: cis-männliche Prepper-Gangs gegen queerfeministische Strahlenrebellen, die ihre Widersacher mit genderneutralen Pronomen bewerfen. In den Ruinen der alten Welt gedeiht eine neue Ästhetik des Widerstands: Sprühgraffiti an den zerbombten Wänden mit Slogans wie „Keine Bomben ohne Consent!“ oder „Radioaktivität ist keine Identität!“. Die Lagerfeuer-Runden der Überlebenden werden durch Vorträge über toxische Männlichkeit und Heteronormativität bereichert – zwischen zwei Plünderungszügen in die letzte Aldi-Filiale.
Apokalypse mit Awareness-Team
Wer glaubt, dass mit der Zivilisation auch die politische Korrektheit endet, unterschätzt die Hartnäckigkeit spätkapitalistischer Diskurse. Die Endzeitgemeinde organisiert Safe Spaces für Traumatisierte des Atomkriegs und bietet vegane Strahlenrationen an. Ein Awareness-Team achtet darauf, dass die Untergangsstimmung nicht durch ungebührliche Witze getrübt wird. „Schwarzer Humor“ gilt auch in der Finsternis der atomaren Nacht als Mikroaggression.
Fortschritt bis in den Untergang
Vielleicht liegt gerade darin der letzte Triumph des Humanismus: Dass wir uns selbst beim kollektiven Auslöschen nicht den Luxus nehmen, moralisch auf der richtigen Seite zu stehen. Wenn schon Weltuntergang, dann wenigstens mit ethisch einwandfreiem Mülltrennungskonzept. Wenn die Welt in Flammen aufgeht, dann doch bitte in Regenbogenfarben.
Und während der letzte nukleare Feuerball am Horizont aufsteigt, versichert eine automatische Durchsage den Überlebenden: „This meltdown is climate-neutral and certified gendergerecht.“