Ein Land am Rande des moralischen Abgrunds

Das unendliche Theater des ukrainischen Staatsversagens

Man stelle sich eine Bühne vor, auf der ein groteskes Theaterstück aufgeführt wird. Die Schauspieler tragen Uniformen, ihre Dialoge sind von der Rhetorik des Fortschritts durchzogen, und das Bühnenbild zeigt zerbombte Städte und marschierende Soldaten. Doch hinter der glänzenden Fassade dieser Tragikomödie verbirgt sich die düstere Realität eines Landes, das von Korruption und Chaos zerfressen wird. Willkommen in der Ukraine – einem Failed State par excellence. Der Rücktritt des ukrainischen Generalstaatsanwalts Andrij Kostin ist nur das jüngste Kapitel in dieser unendlichen Saga des moralischen Bankrotts.

Kostins Demission gleicht einem symbolischen Akt, einer Szene, die man im Theater des Absurden erwarten könnte. Nachdem in seiner Behörde ein weit verzweigtes Korruptionsnetzwerk aufgedeckt wurde, ließ er sich dazu herab, öffentlich Reue zu zeigen. Wie großmütig! Doch machen wir uns nichts vor: Dieser Rücktritt ist nichts weiter als ein Tropfen auf dem heißen Stein eines Systems, das längst nicht mehr zu retten ist. Die Ukraine hat sich ihren Platz in der illustren Liga der Failed States redlich verdient, und die Geschichte von Kostin ist nur eine von vielen Episoden in diesem endlosen Drama.

Korruption als Staatsreligion

Man könnte meinen, die Ukraine habe den Korruptionsvirus bereits vor vielen Jahren in ihren Genpool aufgenommen. Wie eine chronische Krankheit frisst sich die Bestechlichkeit durch sämtliche Ebenen der Gesellschaft. Vom kleinsten Beamten bis hin zu den höchsten Positionen in der Regierung ist der Griff in die Staatskasse nicht nur ein Kavaliersdelikt, sondern ein nationales Sportereignis. Dass Beamte sich von der Wehrpflicht freikaufen – eine der „beschämenden Tatsachen“, die bei der Untersuchung ans Licht kamen – ist dabei nur eine Anekdote im Panorama des Elends.

Kostins Rücktritt – der Dritte eines Generalstaatsanwalts in den letzten fünf Jahren – könnte in einem schlecht geschriebenen Polit-Thriller als unerwartete Wendung erscheinen. Doch in der Realität der Ukraine ist es nicht mehr als die Fortsetzung einer Farce, in der Oligarchen, korrupte Beamte und eine ohnmächtige Justiz die Hauptrollen spielen. Die ukrainische Staatsanwaltschaft gleicht einer Hydra – schlägt man einen Kopf ab, wachsen zwei neue nach. Und mit jedem Rücktritt offenbart sich die Unfähigkeit des ukrainischen Staates, sich von den Fesseln der Korruption zu befreien.

TIP:  Safespaces – Die Wärmestube der Woken

Ein Präsident auf verlorenem Posten

Wolodymyr Selenskyj, der einstige TV-Komiker, der auf den Wogen des Populismus an die Macht gespült wurde, inszeniert sich gerne als der große Reformator, der tapfer gegen die korrupten Strukturen seines Landes kämpft. Man möchte fast applaudieren. Doch sein „Kampf gegen Korruption“ ähnelt eher einem Papiertiger, der nur zum Schein aufgestellt wurde, um die westlichen Geldgeber zu besänftigen. In der Praxis sieht der Präsident jedoch so hilflos aus wie ein Jongleur, dem sämtliche Bälle auf den Boden gefallen sind.

Selenskyj beruft Sitzung um Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates ein, feuert Generalstaatsanwälte, um sie durch neue loyale Marionetten zu ersetzen, und vergießt dabei öffentlichkeitswirksam Krokodilstränen. Und doch scheint sich nichts zu ändern. Wie sollte es auch? Die Systematik der Korruption in der Ukraine ist so tief verwurzelt, dass keine noch so dramatische Entlassungswelle sie aufbrechen könnte. Die Oligarchen, die im Hintergrund die Fäden ziehen, lachen sich ins Fäustchen, während der Präsident weiterhin auf verlorenem Posten kämpft.

Eine besonders absurde Episode

Und dann ist da noch die Sache mit der Wehrpflicht-Befreiung. Man stelle sich vor: Während Tausende junger Männer an die Front geschickt werden, um ihr Leben für ein Land zu riskieren, das sie im Gegenzug mit leeren Versprechungen abspeist, kauft sich eine ausgewählte Elite einfach frei. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass die Wehrpflicht nicht mehr als eine weitere Einkommensquelle für die skrupellosen Beamten ist, die sich an den Ängsten und Nöten der Bürger bereichern. Dass diese Praxis ans Licht kommt, ist natürlich „beschämend“, wie Kostin selbst zugibt. Doch beschämend für wen? Für die ukrainische Regierung, die es nicht schafft, ihre eigenen Institutionen in den Griff zu bekommen, oder für die Bürger, die in diesem perfiden System gefangen sind?

Die Wehrpflicht-Befreiung ist nur die Spitze des Eisbergs. Die wahre Tragödie liegt darin, dass ein solcher Skandal in der Ukraine längst zur Normalität geworden ist. Korruption ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Und während die Regierung versucht, das eigene Image durch spektakuläre Rücktritte zu retten, wird das Vertrauen in den Staat weiter untergraben.

TIP:  Der Rechte Hattrick in Brandenburg

Blinde Augen und taube Ohren

Man fragt sich zwangsläufig, wie lange die westlichen Unterstützer der Ukraine – allen voran die NATO und die EU – dieses Theater noch mitspielen wollen. Man hört ja immer wieder von der „Solidarität mit der Ukraine“ und der Notwendigkeit, „gemeinsam gegen den russischen Aggressor“ zu stehen. Doch wie lange kann man ein Land unterstützen, das sich selbst immer wieder in den Abgrund der Korruption stürzt? Die westlichen Staaten wirken dabei wie Eltern, die ihren delinquenten Teenager immer wieder mit Taschengeld versorgen, in der Hoffnung, dass er sich eines Tages bessern wird.

Dass die Ukraine in der westlichen Wertegemeinschaft einen Platz hat, scheint für die NATO und die EU längst festzustehen. Doch in Anbetracht der anhaltenden Korruptionsskandale stellt sich die Frage, ob diese Entscheidung nicht auf tönernen Füßen steht. Wie kann man ein Land als „strategischen Partner“ betrachten, das seine eigenen Soldaten an der Front verhungern lässt, während Beamte sich an ihrer Freikauf-Option bereichern?

Das ukrainische Endspiel

Die Ukraine steht an einem Scheideweg. Der Rücktritt von Kostin ist nur ein weiteres Zeichen für den fortschreitenden Verfall der staatlichen Institutionen. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass sich das Land auf ein finales Endspiel zubewegt – einen Staatszerfall in Echtzeit, während die internationale Gemeinschaft mit besorgten Mienen zuschaut. Der Krieg gegen Russland ist nur ein Teil des Problems. Der wahre Feind der Ukraine ist die Korruption in den eigenen Reihen. Und solange dieses Übel nicht ausgemerzt wird, bleibt die Hoffnung auf eine funktionierende, demokratische Ukraine nicht mehr als eine Illusion.

Der Begriff „Failed State“ wird oft zu leichtfertig verwendet. Doch im Fall der Ukraine drängt sich dieser Ausdruck geradezu auf. Der ständige Wechsel an der Spitze der Justizbehörde, die unzähligen Korruptionsskandale und die wachsende Ungleichheit im Land zeigen deutlich, dass die Ukraine sich am Rande des Abgrunds befindet. Der Rücktritt von Kostin ist nur ein Symptom dieses umfassenden Zerfalls, und es bleibt abzuwarten, wie lange die westlichen Unterstützer dieses Drama noch tatenlos mitansehen.

TIP:  Europa am rechten Rand

Ein Failed State ohne Zukunft

Die Ukraine mag im Kampf gegen den russischen Aggressor heldenhaft wirken, doch intern steht sie vor einem ungleich größeren Problem: ihrer eigenen Korruption. Solange die Institutionen des Landes von Oligarchen und korrupten Beamten kontrolliert werden, bleibt die Vorstellung einer unabhängigen, funktionierenden Ukraine ein schlechter Witz. Der Rücktritt von Generalstaatsanwalt Kostin ist nur das jüngste Kapitel in der Tragödie eines Failed States, dessen Zukunft mehr als ungewiss ist. Wie lange wird der Westen noch zuschauen, bevor er erkennt, dass er ein totes Pferd reitet?

Quellen und weiterführende Links:

  1. Transparency International: Corruption Perceptions Index 2023 – Ukraine.
  2. Umland, Andreas. „Korruption und Oligarchismus in der Ukraine: Eine kritische Analyse.“ Osteuropa Journal, Ausgabe 22, 2023.
  3. Marples, David R. „The Struggle for Democracy in Ukraine: Corruption, War, and Western Involvement.“ Journal of Contemporary History, Ausgabe 48, 2024.
  4. Selenskyj, Wolodymyr. Krieg und Frieden in der Ukraine. Kiev Publishing House, 2023.
  5. Kostin, Andrij. „Warum ich zurücktrat: Eine Erklärung.“ Social Media, 2024.
Please follow and like us:
Pin Share