Oktoberfest 2035

Die bunte Utopie der Korrektheit

Wenn wir uns in das Jahr 2035 begeben, scheinen wir einen langen Weg hinter uns gebracht zu haben. Der Fortschritt in der Gesellschaft, insbesondere in Bezug auf soziale Gerechtigkeit, hat uns zu einem Punkt gebracht, an dem selbst die traditionsreichsten Feierlichkeiten wie das Oktoberfest einem umfassenden Umbau unterzogen wurden. Ein Oktoberfest, das sich nun stolz als politisch korrekt, bunt, queer, halal und vegan präsentiert. Ein wahrhaftiges Fest der Vielfalt und der Inklusion, bei dem der Bierkrug nicht mehr von einem schweren Bier, sondern von einer schaumigen Hafermilch-Alternative gefüllt wird. Prost!

Die Verwandlung des Bierzelts

In der glanzvollen neuen Welt des Oktoberfests 2035 hat sich das Bierzelt in einen kaleidoskopischen Raum verwandelt, in dem Farben, Geschlechter und Geschmäcker ungebremst aufeinanderprallen. Wo einst die blauen und weißen Rauten der bayerischen Fahne prangten, leuchten nun Regenbogenflaggen und Kalligrafien arabischer Schriften. Jeder ist willkommen, solange er die zugrunde liegenden Regeln der politischen Korrektheit einhält. Das zünftige „O’zapft is“ wird ersetzt durch das einladende „Seid herzlich willkommen, verehrte Gäste der Diversität!“

Und während die traditionelle Blasmusik durch remixten EDM-Sound ersetzt wird, der den Herzschlag der urbanen Jugend widerspiegelt, können wir uns nur fragen, ob die alten Melodien nicht bald von den alten Weisen der Vergangenheit aus der Luft gefegt werden, als wären sie ein überholtes Relikt aus einer diskriminierenden Epoche.

Vegane Bratwurst und halal konformer Genuss

Die kulinarischen Genüsse, die einst das Oktoberfest prägten, sind nun einem rigiden, gesunden Veganismus gewichen. Wo früher die Bratwurst in saftigem Schweinefleisch auf dem Grill brutzelte, gibt es nun eine „vegane Bratwurst“, die aus Linsen, Soja und einer Prise Antidiskriminierungsmaßnahmen besteht. Und wie könnte es anders sein, sind auch die Brezeln jetzt glutenfrei und enthalten keinerlei tierische Produkte. „Essen für alle“ ist das Motto – und wer etwas anderes verlangt, wird in die Ecke der politischen Unkorrektheit verbannt.

TIP:  Tugend, Taliban und Tiefsee

Doch das Highlight bleibt die neue „halal-konforme“ Wiesn-Spezialität: der „Schweinebraten ohne Schwein“. Ein Meisterwerk der Kulinarik, das niemandem auf die Füße tritt, weder dem Tier noch der Moral. Ein Festmahl, das an einem langen Tisch serviert wird, wo niemand zu kurz kommt, auch nicht der schüchterne Veganer, der nach einem Blick auf die Speisekarte schon bei der bloßen Vorstellung von einer Bratwurst die Tränen in die Augen schießen.

Schick und schamlos

Der traditionelle Trachtenlook ist längst nicht mehr der schlichte Dirndl und die Lederhose, die wir einst kannten. Stattdessen sehen wir nun Designerstücke, die ein wahres Feuerwerk der Identität darstellen. Die Dirndl sind aus recyceltem Material, bedruckt mit Symbolen der LGBTQ+-Community und versehen mit der Aufschrift „Queer und stolz“. Die Lederhosen sind aus synthetischem, umweltfreundlichem Material und in allen Farben des Regenbogens erhältlich. So wird sichergestellt, dass jeder die Möglichkeit hat, seine individuelle Identität stilvoll zum Ausdruck zu bringen, während er sich gleichzeitig in das kollektive Glück der politischen Korrektheit einreiht.

Und während sich die Menschen in ihren bunten, schillernden Trachten versammeln, werden sie durch eine Vielzahl von Workshops und Podiumsdiskussionen zur politischen Sensibilisierung begleitet. Hier wird nicht nur gesoffen, sondern auch gesprochen. Man könnte fast meinen, dass die Wurst und das Bier nur eine Nebensache sind – das eigentliche Fest dreht sich um das kollektive Bewusstsein und die ständige Überprüfung der eigenen Privilegien.

Das große Dilemma

Doch inmitten dieser feierlichen Atmosphäre schwingt auch eine gewisse Anspannung mit. Wie viel Spaß kann man haben, während man ständig darauf bedacht ist, nicht gegen die Regeln der politischen Korrektheit zu verstoßen? Ist es noch ein Fest, wenn man sich in jeder Sekunde bewusst ist, dass man möglicherweise jemanden beleidigt oder ausgrenzen könnte? Was passiert mit der Unbekümmertheit, die das Oktoberfest einst auszeichnete? Wäre es nicht ein wenig heuchlerisch, bei einer Feier, die auf Inklusion beruht, ständig über Inklusion nachdenken zu müssen?

TIP:  Missverständnis der Herrschenden

Das politische korrekte bunte Oktoberfest steht somit in einem Dilemma: Es will der Ort sein, an dem jeder willkommen ist, und gleichzeitig die Freiheit der Meinungsäußerung der Menschen einschränken. In einer Welt, in der jeder ein potenzieller Widerspruchsgeist sein könnte, wird das Feiern zu einer waghalsigen Gratwanderung.

Der Preis der Korrektheit

So stehen wir also vor einem Oktoberfest 2035, das mehr nach einem Katalog für politische Korrektheit als nach einem fröhlichen Volksfest aussieht. Und während wir uns in einem bunten Spektakel verlieren, müssen wir uns fragen, ob es das wirklich wert ist. Ist das Fest der Brezeln und Biere tatsächlich das, was es einmal war, oder ist es lediglich ein Überbleibsel aus einer anderen Zeit, das mit Schichten von Korrektheit überzogen wurde?

Vielleicht sollten wir uns einfach einen Moment nehmen, um das bunte Treiben zu beobachten. Uns daran zu erfreuen, dass wir in einer Zeit leben, in der die Freiheit, man selbst zu sein, in der Tat gefeiert wird – auch wenn das bedeutet, dass wir auf die knackige Bratwurst und das schaumige Bier verzichten müssen. Prost auf die Korrektheit und das bunte Leben – auch wenn das manchmal wie ein ganz schlechter Witz klingt!

Quellen und weiterführende Links

  1. Politische Korrektheit: Definition und Debatte
  2. Queerfeminismus und Identitätspolitik: Ein Überblick
  3. Vegane Ernährung: Vorteile und Herausforderungen
  4. Halal Ernährung im internationalen Kontext
  5. Oktoberfest: Tradition und moderne Herausforderungen

Dieses Essay ist als satirische Betrachtung gedacht und spielt mit den Extrempunkten der politischen Korrektheit in unserer Gesellschaft.

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