
oder: Wie Friedrich Merz die Bundeswehr zur Supermacht machen will
Die Kasernenfarce – Bewachtes Nichts im militärischen Niemandsland
Man muss es sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen, wie eine zu lange liegengebliebene Panzerkeksration: Da steht er, Friedrich Merz, seines Zeichens Kanzler einer Republik im fortgeschrittenen Stadium der sicherheitspolitischen Schizophrenie, und kündigt an, Deutschland solle künftig die „konventionell stärkste Armee Europas“ unterhalten. Die Pointe? Seine künftige Supermacht hat sich zur privaten Hausbewachung degradiert. Jährlich 660 Millionen Euro, mehr als ein halbes BND-Budget, fließen in private Sicherheitsfirmen – damit unsere tapferen Verteidiger der Freiheit nicht selbst vor ihren Kasernentoren frieren müssen. Soldaten, die einst dem Warschauer Pakt entgegenstarrten, stehen heute hinterm Fenster und winken dem Wachdienst von Securitas zum Schichtwechsel.
Merz will Panzer rollen lassen, während Bundeswehrgelände vom Rentner mit Mütze bewacht wird. Und wenn es ernst wird? Dann ruft man wohl die Wachschutz-Hotline. Willkommen in der „wehrhaften Demokratie“ des 21. Jahrhunderts: 80.000 Berufssoldaten, aber kein Vertrauen, dass sie eine Schranke bedienen können.
Wehrhaft wie eine Bockwurst – Das kollektive Trauma der Großmachtfantasien
Natürlich – das alles ist nicht neu. Es ist nicht einmal originell. Denn der Wunsch, Deutschland zur militärischen Vormacht zu machen, hat Geschichte. Eine düstere, eine blutige, eine pathologisch selbstüberschätzte Geschichte. Zweimal wurde dieses Land vom Größenwahn übermannt, zweimal folgte der Totalschaden. Und nun steht Merz da wie ein Manager, der seine dritte Insolvenz mit einem neuen Businessplan erklärt: Diesmal wird alles anders! Diesmal klappt das!
In Berlin geht man scheinbar davon aus, dass historische Amnesie eine Tugend ist. Die Realitäten werden ausgeblendet wie ein hässlicher Teppich im Gästezimmer: Dass die Bundeswehr an Materialmangel, struktureller Korruption und bürokratischer Paralyse leidet. Dass ein Drittel der Waffenlager leer sind, und der Rest aus D-Mark-Zeiten stammt. Aber Merz will investieren! Milliarden! In Drohnen, Munition, Uniformen mit Taschen, in einen Traum aus Titan.
Nur: Wer glaubt ihm das noch? Das gleiche politische Establishment, das beim BER, der Maut, dem Digitalministerium und dem Maskendeal versagte, will jetzt das europäische Militärmonopol errichten. Man möchte lachen, wenn es nicht so teuer wäre.
Supermacht Deutschland? Zwischen Wehrsportgruppe und Waffenstillstand
Man kann sich lebhaft vorstellen, wie sich die versprochene Superarmee der Zukunft anfühlen würde: Eine Digitalpanzerdivision, bei der sich das WLAN automatisch mit dem Truppennachschub synchronisiert – außer es regnet. Soldaten mit neuen Kampfstiefeln, die nach zwei Märschen platzen. Kampfjets ohne Ersatzteile. Und dann wäre da noch das Personalproblem: Wer genau soll all das bedienen? Die Bundeswehr findet nicht genug Bewerber, selbst mit „Work-Life-Balance in Uniform“. Vielleicht hofft man auf Quereinsteiger von Amazon Logistics.
Derweil schmilzt die außenpolitische Glaubwürdigkeit dahin wie die Patronenlager im Hochsommer. Die NATO belächelt die deutschen Ambitionen, osteuropäische Staaten rüsten längst alleine auf, und Paris spielt auf Zeit – wie immer, wenn Berlin über Krieg redet. Man muss es mit bitterem Spott sagen: Deutschland kann heute keinen einzigen Tag Krieg führen, ohne nach 72 Stunden um Leihmunition zu bitten.
Und Merz? Der will Europa führen. Wie ein Finanzberater, der das Haushaltsbuch mit dem NATO-Doppelbeschluss verwechselt.
Die Bundeswehr als Management-Case – Kapitalismus mit Kalaschnikow
Was hinter all dem steckt, ist nicht nur politischer Größenwahn, sondern neoliberaler Irrsinn in Tarnfleck. Eine marktkonforme Armee, gelenkt von Excel-Tabellen und Public-Private-Partnerschaften. Sicherheitspolitik als Unternehmensberatung. Die Bundeswehr als DAX-Konzern mit Raketenabteilung. Friedrich Merz, der Rüstungspapst von BlackRock-Gnaden, könnte die Brigade künftig wie einen Hedgefonds managen. Verlustfrei. Nachhaltig. ESG-konform.
Wird der nächste Krieg dann klimaneutral geführt? Mit CO₂-Kompensation für jede abgefeuerte Granate? Vielleicht baut man den Leo 3 gleich mit veganem Leder und USB-C-Anschluss. Die neue Verteidigungslinie: Ethikrat plus Rüstungsethik. Hauptsache, der Krieg bleibt „wirtschaftlich sinnvoll“. Orwell hätte seine helle Freude.
Und am Ende? Ein Zapfenstreich für die Realität
Am Ende dieses kabarettreifen Szenarios steht ein Land, das sich selbst nicht mehr ernst nimmt. Eine Regierung, die aufrüstet, während sie abrüstet. Eine Armee, die stolz ist, noch existieren zu dürfen. Und ein Kanzler, der glaubt, mit Pathos könne man Panzer reparieren. Vielleicht wird er sich eines Tages hinstellen, auf einer Parade, zwischen Leopard und Lügen, und mit zittriger Stimme verkünden: „Wir haben Europa sicher gemacht.“
Aber sicher wovor?
Vor sich selbst?
Vor der Wiederholung?
Vor der Wahrheit?
Vielleicht bleibt uns ja nur noch, uns augenzwinkernd abzuwenden, während draußen der Wachmann das Kasernentor schließt.