Die wundersame Verwandlung von Erspartem

Ein harmloser Satz mit Sprengkraft

Mit einer geradezu erschreckenden Selbstverständlichkeit verkündete Ursula von der Leyen ihre Absicht, private Ersparnisse in „dringend benötigte Investitionen umzuwandeln“. Eine Formulierung, die aufhorchen lässt. Denn was bedeutet das konkret? Handelt es sich hier um ein bloßes Planspiel wirtschaftspolitischer Visionäre, oder haben wir es mit einem substanziellen Angriff auf das altmodische Konzept von Privateigentum zu tun? Nun, wer das Brüsseler Vokabular mit der nötigen Skepsis entschlüsselt, ahnt es bereits: Hier geschieht nichts weniger als eine semantische Wundheilung der Enteignung. Eine Operation am offenen Herzen des Sparers – ohne Betäubung, versteht sich.

Der romantische Traum vom kollektiven Wohlstand

Einst war es eine Selbstverständlichkeit: Wer fleißig arbeitete, sparsam lebte und sich seine Taler beiseitelegte, konnte sich eines Tages einen Traum erfüllen – das eigene Häuschen, die Weltreise, vielleicht sogar ein sorgenfreies Leben im Alter. Doch dieses Denken gehört der Vergangenheit an. Es ist verstaubt, überholt, ja geradezu egoistisch! In Zeiten globaler Krisen, multipler Umbrüche und unerschütterlicher Solidaritätsbekundungen ist es schlichtweg nicht mehr tragbar, dass Einzelne auf ihrem Ersparten beharren. Wo kämen wir da hin, wenn Millionen von Menschen – womöglich sogar unter fadenscheinigen Vorwänden wie „individueller Verantwortung“ – einfach so das Geld horten, anstatt es der großen Transformation zur Verfügung zu stellen? Nein, das darf nicht sein. Die Rettung des Planeten duldet keine Eigenverantwortung.

Wie man Bienen rettet, indem man Sparer schröpft

Doch keine Sorge! Niemand spricht hier von Enteignung. Nein, das wäre zu plump. Stattdessen geht es um eine „Umwandlung“. Das klingt sanft, progressiv, ja fast liebevoll. So, als würde ein freundlicher, bärtiger Mann mit Fliege in einem TED-Talk erklären, warum Ihre Altersvorsorge am besten in den Ausbau einer nachhaltig-innovativen Windpark-Anlage in der Ostsee fließen sollte. Wofür braucht ein braver Bürger schon eine sichere Rente, wenn er sich stattdessen an der Rettung der Bienen beteiligen kann? Wozu ein Konto mit Guthaben, wenn auch der Staat ein Konto mit Schulden hat?

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Brüssel weiß, was gut für Sie ist

Natürlich könnte man an dieser Stelle einwenden, dass es im Wesen einer Demokratie liegen sollte, die Bürger selbst über ihre finanziellen Entscheidungen bestimmen zu lassen. Aber diese Art von Eigenständigkeit ist gefährlich. Wer zu viel selbst entscheidet, könnte ja auf falsche Ideen kommen. Vielleicht will er sein Geld für sich behalten! Oder – noch schlimmer – es in Projekte investieren, die nicht in die große grüne Agenda passen. Deshalb ist es beruhigend zu wissen, dass Brüssel diesen Dilettantismus überflüssig macht. Ihre privaten Ersparnisse finden fortan ihren Weg in die „richtigen“ Investitionen – von Experten geprüft, politisch abgesegnet, moralisch einwandfrei.

Und wer nicht mitmacht, ist ein unsolidarischer Egoist

Doch was passiert mit jenen, die sich diesem noblen Unterfangen widersetzen? Mit denen, die den Wert ihres mühsam Ersparten noch immer über die „dringend benötigte Investition“ in, sagen wir, eine neue emissionsfreie Regierungsflotte stellen? Nun, die Gesellschaft hat ihre Mittel, um solche Unbelehrbaren zu disziplinieren. Sozialer Druck, ein paar regulative Hebel, vielleicht die eine oder andere „Neuanpassung“ der Bankgesetze – und schon wird aus dem mürrischen Sparer ein vorbildlicher Investor in das allgemeine Wohl. Wer dann noch auf seinem Kontoauszug nach alten Zahlen sucht, sollte sich lieber freuen: Er hat nicht etwa Geld verloren, sondern zur Rettung der Welt beigetragen!

Der neue Bürger, die neue Welt, die neue Freiheit

Letztlich geht es um nichts weniger als eine kulturelle Revolution des Kapitalbegriffs. Geld gehört nicht länger dem Einzelnen, sondern der Idee. Wer dem nicht zustimmt, hat den Zeitgeist nicht verstanden. In dieser neuen, besseren Gesellschaft gibt es kein „Ich“, kein „Meins“, kein „Privat“ mehr – nur noch das große „Wir“. Und wer weiß: Vielleicht wacht eines Tages sogar ein alternder Sparer auf, schaut auf sein leeres Konto und empfindet nicht Zorn, sondern Stolz. Stolz, dass er sein Geld geopfert hat für eine bessere Zukunft, für eine große Sache, für eine Vision, die so schillernd ist, dass man nicht einmal mehr nachfragen darf, ob sie je Realität wird.

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