Wie man den Krieg vom Sofa aus gewinnt

Kriegsbegeisterung lässt sich durch Einberufung schnell beheben

Es ist eine bemerkenswerte Erscheinung unserer Zeit, dass in der Sicherheit des eigenen Heims, mit einer stabilen Internetverbindung und einem reich gedeckten Abendbrottisch, die größten militärstrategischen Talente erblühen. Die einstigen Feldherren, die noch mit Marschbefehlen und detaillierten Karten arbeiteten, werden nun abgelöst von Couch-Generälen, deren wichtigste Waffe der moralische Zeigefinger ist. Die soziale Medienlandschaft ist ihr Schlachtfeld, die Hashtags ihre Pfeile und Lanzen. Man fragt sich unweigerlich: Würde Clausewitz heute twittern? Wäre Napoleon ein Influencer? Und wenn ja, wie viele Follower hätte er?

Während man sich in diesen Tagen kaum noch einen Kommentarbereich anschauen kann, ohne auf kriegerische Metaphern und drastische Lösungsvorschläge zu stoßen, stellt sich die Frage: Woher kommt diese Begeisterung für das große Zerschmettern, das rituelle Zerschlagen der Feinde, das heroische An-die-Front-Schreiben? Eine Begeisterung übrigens, die sich oft proportional zur Entfernung der realen Kampfhandlungen zur eigenen Haustür verhält.

Die seltsame Magie des Krieges: Faszination ohne Konsequenz

Vielleicht ist es der Reiz des Abstrakten. Krieg als Computerspiel, als heroisches Narrativ, als epische Geschichte, in der man sich auf der richtigen Seite wähnt. Schließlich sind moderne Kriege für viele Menschen in reichen Ländern eine Art „Reality-TV“, bei dem man lautstark mitfiebern kann, ohne selbst nasse Füße zu bekommen. Ein Videospiel, bei dem man selbst nie respawnen muss, weil man gar nicht erst mitspielt.

Ein interessantes soziologisches Experiment wäre es, einmal eine direkte Verbindung zwischen der Lautstärke der eigenen Kriegslust und einer ganz realen Einberufung herzustellen. Wer den Konflikt in den Kommentarspalten anheizt, bekommt postwendend den Marschbefehl zugestellt. Wer für Härte plädiert, wird selbst in eine gepanzerte Einheit versetzt. Es ist anzunehmen, dass das Temperament mancher digitaler Feuerköpfe in Sekundenschnelle einer philosophischen Nachdenklichkeit weichen würde.

Von der Couch in den Schützengraben

Nun ließe sich natürlich argumentieren, dass nicht jeder, der eine Meinung zu einem Krieg hat, auch selbst Soldat werden muss. Fair. Allerdings zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass jene, die sich besonders lautstark für Eskalation aussprechen, oft auch diejenigen sind, die sich physisch am wenigsten mit dem Thema befassen wollen. Die einen plädieren für die „endgültige Lösung“ des Problems, während sie selbst ihre Turnschuhe nach einmaligem Tragen zurückschicken, weil sie nicht bequem genug sind. Die Vorstellung, dass Krieg schmutzig, unangenehm und potenziell tödlich ist, scheint im Wohlstandsschatten gerne verdrängt zu werden.

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Die Geschichtsbücher lehren uns, dass Kriegsbegeisterung immer dann besonders groß ist, wenn sie keine unmittelbaren Konsequenzen für den Begeisterten hat. 1914 jubelten viele, als die Mobilmachung verkündet wurde. Die gleichen Menschen waren wenige Jahre später weniger enthusiastisch, als sie im Schlamm der Schützengräben von Verdun lagen, während um sie herum ihre Kameraden verstümmelt wurden. Die historische Lektion? Begeisterung für den Krieg korreliert oft invers mit der Bereitschaft, ihn selbst auszutragen.

Wer für den Krieg ist, sollte zuerst eingezogen werden

Es bleibt die Frage: Wie könnte man die Kriegsbegeisterung dämpfen? Eine Möglichkeit wäre ein einfaches Gesetz: Jeder, der sich öffentlich für eine Eskalation ausspricht, meldet sich automatisch zum Fronteinsatz. Wer Sanktionen für zu lasch hält, darf sich freiwillig für die Logistik an der Front einschreiben. Wer auf „totalen Krieg“ pocht, bekommt eine Uniform in der passenden Größe.

Die Erfahrung zeigt: Kriegsbegeisterung heilt erstaunlich schnell, wenn die persönliche Einberufung droht. Ein simpler, aber effektiver Mechanismus, um jene, die so gerne den Zeigefinger erheben, mit der Realität zu konfrontieren. Wer wirklich glaubt, dass ein Krieg notwendig ist, sollte zumindest bereit sein, für diese Überzeugung mehr zu tun als nur empörte Tweets abzusetzen. Andernfalls bleibt es, wie so oft, eine Pose – und die Welt hat schon genug Schauspieler in schlechten Rollen.

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