
Der Krieg als Klimaschutzmaßnahme
Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet jene, die einst mit Sonnenblumen im Haar gegen Pershing-Raketen demonstrierten, heute mit moralischer Inbrunst das neueste Waffenlieferungspaket beklatschen – selbstverständlich versehen mit dem Gütesiegel klimaneutraler Rüstung. Denn wenn schon Tötungswerkzeuge in den Lauf der Geschichte geworfen werden, dann doch bitte mit grünem Strom produziert und recycelfähig. Die Zeitenwende, so hört man, dulde keine halben Sachen: Das Töten muss nachhaltig werden, der Frieden emissionsarm. Die Panzer fahren elektrisch, die Drohnen fliegen mit Biokraftstoff, und auch das Munitionslager wird hoffentlich bald auf Wärmepumpen umgestellt.
Der hybride Heilige Krieg der Erneuerbaren
Der Pazifismus hat ausgedient, weil er nicht mehr lieferfähig ist. Zu weich, zu naiv, zu vorgestrig. Stattdessen erhebt sich ein neuer Habitus: der hybride Heilige Krieg der Erneuerbaren. Es ist ein Frieden, der aus der Mündung kommt – aber eben nur, wenn die Mündung emissionsfrei feuert. Der neue moralische Imperativ lautet: Wenn wir schon die Welt retten, dann bitte bis zur letzten Patrone. Der eLeopard 2 darf rollen, solange die Ökobilanz stimmt. Es geht schließlich um die richtige Seite der Geschichte.
Das Bio-Siegel für den Tod
Natürlich wird die Kriegswirtschaft noch nicht ganz den Standards der Klimakonferenzen gerecht. Aber man arbeitet daran. Der CO2-Fußabdruck der Bundeswehr soll bis 2030 halbiert werden, hieß es jüngst. Vielleicht wird es bald eine EU-Richtlinie für biologisch abbaubare Minen geben. Munition aus fair gehandelten Rohstoffen. Waffen, deren Einzelteile sich nach dem Gebrauch kompostieren lassen. Die ersten Prototypen von granatensicheren Photovoltaik-Westen sind bereits in der Konzeptphase. Der Tod muss sauber werden, die Apokalypse bitte plastikfrei.
Die zynische Ökologie des Krieges
Doch inmitten all der grünen Euphorie bleibt die zynische Dialektik dieser Bewegung unübersehbar. Die neuen Bellizisten schwärmen von Verteidigung der Freiheit, während sie Waffenlieferungen bejubeln, als wären es Zuschüsse für den Ausbau des ÖPNV. Sie brüllen „Nie wieder!“ und meinen damit nicht den Krieg, sondern nur die fossilen Brennstoffe, die ihn bislang begleiteten. Der Frieden als Erzählung wird durch den Krieg ersetzt, der sich wenigstens als nachhaltige Maßnahme etikettieren lässt. Es ist der logische Endpunkt einer politischen Klasse, die längst aufgehört hat, Widersprüche auszuhalten, und stattdessen in der bequemen Illusion einer moralischen Gesamtsanierung schwelgt.
Krieg mit gutem Gewissen
Am Ende bleibt ein absurdes Schauspiel: Während alte Pazifisten die neuen Rüstungsprogramme verteidigen, legen sie ihren Fokus darauf, dass die Flugabwehrraketen in recycelbaren Transportbehältern geliefert werden. Die Befreiung der Welt von Despoten und Klimagasen in einem Aufwasch. Der Mensch mag sterben, aber wenigstens hinterlässt er keine Plastikspuren. So wird der Krieg zum Idealzustand der Nachhaltigkeit erhoben – ein ewiger Kreislauf der grünen Selbstgerechtheit. Es bleibt nur zu hoffen, dass wenigstens die Friedhöfe irgendwann CO2-neutral begrünt werden.
Oder wie es in der neuen strategischen Doktrin heißen könnte: Frieden schaffen mit grünen Waffen – für eine bessere Welt, die sich vielleicht irgendwann auch ganz ohne Menschen nachhaltig erhalten wird.