Der sanfte Hauch der Gerechtigkeit

Indonesien, jenes Urlaubsparadies, das wir aus Hochglanzmagazinen und Instagram-Stories kennen, hat abseits seiner Palmenstrände und Yoga-Retreats eine besonders exquisite Form der Gerechtigkeit entwickelt. In der Provinz Aceh, wo der Friede des Himmels auf die Erde hinabstrahlt, ist das Strafmaß für Liebende eindeutig geregelt: Es gibt Peitschenhiebe. Mal 80, mal 85 – je nach Verhandlungsgeschick oder, wie die Staatsanwaltschaft poetisch erläutert, je nachdem, wer der „Initiator“ des sündhaften Treibens war.

Es ist ein System von erhabener Klarheit, in dem nicht nur Ehebrecher und Glücksspieler auf ihre körperliche Ertüchtigung hoffen dürfen, sondern auch Menschen, die sich mit einer „abnormen“ Neigung aus der göttlichen Norm herauszubewegen wagen. Der eine buchte das Zimmer, der andere ließ sich überreden – es liegt ja auf der Hand, dass die Zurechnungsfähigkeit mit dem Besitztum von Hotelzimmern korreliert. Welch raffinierte Differenzierung!

Peitschenhiebe als moralische Streicheleinheiten

Natürlich mag der eine oder andere in seiner geistigen Verwirrung auf die Idee kommen, diese Praktiken als barbarisch zu bezeichnen. Aber das ist, wie uns westliche Medienpädagogen beibringen, ein schwerer Fall von postkolonialer Arroganz. Wer sind wir denn, die kulturellen Eigenheiten einer Region zu kritisieren, in der religiöse Reinheit nicht nur eine Tugend, sondern eine durch körperliche Züchtigung herstellbare Größe ist?

Stockhiebe für Ehebruch, Peitschenhiebe für Alkohol, Steinwürfe für kritische Journalisten – das sind die Eckpfeiler einer Gesellschaft, in der der Begriff „Sünde“ noch etwas zählt. Wo sich in westlichen Gefilden Menschen über das Gendern von Substantiven ereifern, bringt man in Aceh die Moral noch handfest auf den Punkt.

Fortschritt durch Demut

Indonesien als Ganzes zeigt sich hier von seiner flexiblen Seite. Während der eine Teil des Landes sich dem Fortschritt öffnet, regelt man in Aceh die Dinge mit der Beständigkeit eines mittelalterlichen Gerichtshofs. Das nennt man gelebten Föderalismus! Während Touristen auf Bali an Cocktails nippen, führt ein paar Inseln weiter das heilige Gesetz den Menschen mit der Peitsche den rechten Weg vor Augen. Zwei Wahrheiten, ein Land – was für eine Toleranz!

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Man könnte sich natürlich fragen, ob eine Rechtsordnung, die öffentliche Prügelstrafen für einvernehmliche Sexualakte vorsieht, nicht ein kleines Update vertragen könnte. Doch das wäre vermessen, denn die Weisheit dieser Gesetze reicht schließlich Jahrhunderte zurück – und was Jahrhunderte überdauert hat, kann ja nur gut sein.

Und die Moral von der Geschichte?

Während in Europa die Debatte um individuelle Freiheit, Menschenrechte und moralische Autonomie bisweilen nervenaufreibende Dimensionen annimmt, zeigt Aceh eine elegante, wenn auch schmerzvolle Alternative. Der moralische Kompass ist hier nicht Gegenstand hitziger Debatten, sondern wird mit einer Gerte in die Rücken der Delinquenten gezeichnet. Eine klare, wenn auch schmerzhafte Lösung. Ein Exempel der Reinheit.

Aber seien wir ehrlich: Wer nach Aceh reist, um sich dort zu verlieben, der hat seine Strafe vermutlich verdient. Es gibt doch wahrlich angemessenere Orte für Liebe als den Garten Eden der Heiligen Prügelstrafe. Und wenn wir dann doch einmal innehalten und uns fragen, wie weit Toleranz gehen darf, dann sei uns die beruhigende Antwort gegeben: Bis zur Grenze der göttlich sanktionierten Prügel.“

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