Das ungekrönte Haupt der Gerechtigkeit

Die Kunst, sich lächerlich zu machen

Man muss schon sagen, Wolfgang Mazal versteht es, die Kunst des intellektuellen Feuerwerks mit der Präzision eines unermüdlichen Feuerwehrmanns zu löschen. Kaum hat die Öffentlichkeit Luft geholt nach der Empörung über sein unrichtiges Gutachten zur Indexierung der Kinderbeihilfen – einem beispiellosen Akt juristischer Verrenkungen, der wie ein gymnastisches Meisterstück wirken sollte, aber eher an einen misslungenen Purzelbaum erinnerte –, da setzt der Herr Arbeitsrechtler und Familieninstitutsvorstand noch einen drauf. Diesmal, mit einem Vorschlag, der so kühn ist, dass man fast vergisst, wie absurd er ist: Eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten. Der Grund? Sie haben es gewagt, zu wenige Kinder in die Welt zu setzen. Ja, Sie haben richtig gehört: Die Generation, die jahrzehntelang einbruchsicher in die Sozialversicherung einzahlte, soll jetzt die Rechnung für die demografischen Versäumnisse begleichen.

Ein Geniestreich der Umverteilung

In Mazals Gedankenwelt, die man sich wie einen Kafkaesken Traum mit gelegentlichen Einschüben von Monty Python vorstellen kann, ist Gerechtigkeit nicht etwa eine universelle Idee, sondern ein formbares Konzept, das sich wie Knetmasse an die jeweilige politische Agenda anpasst. Man fragt sich unweigerlich, ob dieser Mann in seiner Freizeit vielleicht den „Rechtsstaat“ als Kunstprojekt versteht und ihn mit einem Vorschlaghammer modelliert.

Sein Argument: Pensionisten hätten während ihrer Erwerbsjahre weniger Kinder bekommen und daher weniger zur Bevölkerungsreproduktion beigetragen. Das bedeutet, sie haben – jetzt halten Sie sich fest – mehr von ihrem Einkommen für sich selbst behalten! Welch skandalöse Vorstellung: Menschen, die sich anmaßen, ihre Lebensführung selbst zu bestimmen, statt sie dem heiligen Altar der demografischen Statistiken zu opfern. Mazal scheint hier die Art von Denker zu sein, die nachts wachliegt und sich fragt, wie viele Kinder wohl Aristoteles gehabt hätte, um seinen Beitrag zur antiken Rentenkasse zu leisten.

Die Logik eines Taschenrechners mit Kurzschluss

Die Polemik des Vorschlags ist nicht nur intellektuell beleidigend, sondern auch frappierend unsinnig. Wenn wir Mazals Argument ernst nehmen – was wir nicht sollten, aber für den Spaß der Sache einmal tun –, dann müsste jede Frau, die keine fünf Kinder zur Welt bringt, künftig auch ein separates CO₂-Ausgleichsformular ausfüllen. Schließlich tragen sie durch den Mangel an zukünftigen Arbeitnehmern mehr zur Klimabelastung bei, weil es weniger junge Menschen gibt, die für den Umstieg auf grüne Energie arbeiten können. Klingt lächerlich? Willkommen in der Welt des Mazalismus.

TIP:  Die neuen Flagellanten

Abgesehen davon blendet der Vorschlag eine entscheidende Tatsache aus: Es ist nicht die Aufgabe von Pensionisten, dem Staat „Kindernachschub“ zu garantieren, sondern die des Staates, ein System zu schaffen, das diese Nachschubfrage durch vernünftige Sozial- und Wirtschaftspolitik löst. Aber warum Lösungen suchen, wenn Schuldzuweisungen so viel mehr Spaß machen?

Die Pensionisten als Staatsfeinde

In Mazals Universum scheinen Pensionisten ohnehin die natürlichen Feinde der Gesellschaft zu sein. Sie sind nicht nur dafür verantwortlich, dass die Rentenkassen leer sind, sondern offenbar auch für die allgemeine Schieflage der Welt. Hätte es sie nicht gegeben, wäre alles besser. Doch bevor wir den Seniorenverbänden empfehlen, sich schon mal auf die Fahndungslisten zu setzen, sollten wir uns fragen: Wer hat eigentlich diese Generation erzogen? Oh, das waren die Vorgänger, die offenbar noch mehr Kinder hatten. Mit anderen Worten: Mazals Logik ist ein Möbiusband, das sich so lange um sich selbst dreht, bis der Unsinn als Geniestreich verkauft wird.

Satire oder traurige Realität?

Die eigentliche Frage ist jedoch: Glaubt Mazal selbst, was er sagt, oder ist er nur ein besonders zynischer Karrierist, der weiß, wie man die öffentliche Debatte mit absurden Vorschlägen so sehr anheizt, dass niemand mehr merkt, wie ungerecht die Ausgangslage ist? Wenn ja, dann könnte man fast Respekt für die Dreistigkeit aufbringen. Aber nur fast. Denn in einem Punkt irrt Herr Mazal gewaltig: Zynismus allein ist noch keine Gerechtigkeit, und Polemik ersetzt keine Argumente.

Am Ende bleibt nur ein schaler Nachgeschmack. Der Gedanke, dass jemand wie Mazal als ernstzunehmender Experte gilt, ist nicht nur eine Beleidigung für jeden echten Arbeitsrechtler, sondern auch ein bitterer Spiegel für eine Gesellschaft, die bereit ist, die Schwächsten immer wieder zur Kasse zu bitten. Doch immerhin hat er uns eines bewiesen: Satire ist überflüssig, wenn die Realität so schamlos absurd ist.

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