WIE MAN ZWEIFELSFREI ZUM KRIEGSTEILNEHMER WIRD

Der Mensch, die Technik und die unumgängliche Apokalypse

Krieg, so sagt man, sei die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Doch wenn wir ehrlich sind, ist er vielmehr die Sublimierung der Dummheit mit teurer Technik. Marschflugkörper – elegante, tödliche Kinder der Ingenieurskunst – sind die neue Sprache dieser Dummheit. Sie ersetzen die plumpen Schreie von Katapulten durch hochpräzise GPS-Daten und digitale Zielkoordinaten. Der Mensch zieht sich zurück; die Maschine übernimmt. Es ist eine Art Mord mit Stil – und wie bei allem, was Stil hat, gibt es auch hier eine Bedienungsanleitung.

Willkommen also zu einer kleinen Satire darüber, wie die moderne Welt sicherstellt, dass auch die unwilligsten Akteure sich aktiv am globalen Inferno beteiligen können.

Das Märchen von der Neutralität

„Ich bin kein Kriegsakteur“, hört man die Regierungen des Westens gerne sagen, bevor sie im nächsten Satz präzise Waffen an Konfliktparteien liefern. Dies ist der nukleare Schmelzkern unserer Zeit: Man verkauft die Waffen, programmiert sie, betreibt die Satelliten, die ihre Zielgenauigkeit gewährleisten – aber man drückt nicht selbst auf den Knopf. Neutralität durch semantischen Tanz!

Ein Beispiel: Sie spenden einen hochmodernen Marschflugkörper wie den Storm Shadow an eine Armee im Konflikt. Doch Sie stellen sicher, dass seine maximale Reichweite zufällig so programmiert ist, dass er das gegnerische Hauptquartier nicht erreicht. Welch zivilisatorische Großzügigkeit! Man könnte fast meinen, das sei moralisch. Doch wehe, der Empfänger wagt es, diese beschränkte Reichweite als Schwäche auszulegen. Dann kommen die nächsten Waffen, die dieses „Missverständnis“ korrigieren.

Wie programmiert man Mord – aber sauber

Wussten Sie, dass die Reichweite eines Marschflugkörpers nicht einfach wie die Lautstärke eines Radios eingestellt wird? Nein, es ist weitaus subtiler. Der Flugkörper ist ein Opfer seiner Programmierung, ein digitaler Sklave, der nur so weit fliegen kann, wie seine Schöpfer es erlauben. Doch diese „Reichweitenbegrenzung“ ist nicht etwa ein Zeichen von Friedfertigkeit, sondern ein Werkzeug der Diplomatie.

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Die Reichweite eines Storm Shadow oder Tomahawk ist eine Art politischer Zeigefinger: „Wir könnten, wenn wir wollten.“ Wenn die Zielkoordinaten so programmiert sind, dass eben weiter fliegen – nun, das ist kein Zufall. Es ist eine Botschaft. Und wer diese Botschaft übermittelt? Geheimdienste, Strategen und Ingenieure. Eine groteske Form von Arbeitsteilung, bei der niemand sich wirklich schuldig fühlt.

Der schöne Schein der Präzision

Satellitendaten. Navigationssysteme. TERCOM. All diese Begriffe klingen so wissenschaftlich, so fortschrittlich. Sie suggerieren eine Art chirurgischer Präzision, bei der nur die „Bösen“ getroffen werden. Doch niemand spricht über den Elefanten im Raum: Menschen machen Fehler.

Ein falsches Ziel, eine veraltete Karte, ein technischer Defekt – und plötzlich wird die präzise Waffe zur Metapher für die menschliche Unzulänglichkeit. Das Geländevergleichssystem erkennt die Kirche nicht als solche, sondern interpretiert sie als feindliches Radar. Boom! Ein Dorf wird ausgelöscht, aber niemand trägt die Schuld. Schließlich war es ja die Technik.

Die globale Eskalation als Hobbyprojekt

Die moderne Welt hat den Krieg professionalisiert, industrialisiert und gleichzeitig banalisiert. Die Frage, ob ein bestimmter Marschflugkörper geliefert werden sollte, hängt nicht mehr von moralischen Überlegungen ab, sondern von einer Kosten-Nutzen-Analyse. Wie viel Prestige gewinnt eine Nation, wenn sie einem Verbündeten hilft? Wie viel Risiko besteht, dass der Gegner verärgert zurückschlägt?

Das Ergebnis ist eine neue Art von Kriegsteilnahme: die des unsichtbaren Puppenspielers. Sie sind nicht derjenige, der den Abzug drückt, aber Sie sorgen dafür, dass die Waffe zur Verfügung steht, dass sie präzise fliegt und dass sie das Ziel trifft – zumindest meistens.

Wie wird man nicht zum Kriegsteilnehmer?

Es gibt genau eine Möglichkeit: Man beteiligt sich nicht. Man liefert keine Lenkwaffen, man verkauft keine Software, man stellt keine Satellitendaten bereit. Doch diese Möglichkeit ist in der modernen Welt rein theoretisch. Kein Staat, der etwas auf sich hält, kann es sich leisten, nicht mitzuspielen.

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Die Verlogenheit der internationalen Diplomatie liegt darin, dass niemand wirklich nichts tut. Die einen liefern Marschflugkörper. Die anderen versorgen die Satelliten, die ihre Navigation ermöglichen. Und die Schweiz? Nun, sie liefert die Schokolade, die den Soldaten in den Pausen moralischen Trost spendet.

Am Ende lachen die Waffen

Marschflugkörper haben keine Meinung. Sie kennen keine Politik, keine Religion, keinen Hass. Sie sind das perfekte Werkzeug für den modernen Krieg: emotionslos, effizient und tödlich. Doch ihre Präzision ist eine Lüge. Am Ende sterben immer auch Unschuldige.

Die Ironie ist, dass die Waffen selbst vermutlich entsetzt wären, könnten sie denken. Aber sie denken nicht. Das Denken ist unser Job. Und genau darin liegt das Problem.

Krieg als unausweichliche Realität?

Wenn Sie also das nächste Mal in den Nachrichten sehen, dass ein Marschflugkörper ein Ziel mit „chirurgischer Präzision“ getroffen hat, denken Sie daran: Es gibt keine Neutralität im Krieg. Jeder, der hilft, wird zum Teil des Systems.

Der Marschflugkörper mag fliegen, aber die Schuld bleibt am Boden. Und am Ende, wenn die Trümmer rauchen und die Toten begraben sind, bleibt nur die Frage: Wer hat diesen Krieg wirklich gewonnen?

Niemand.


Quellen und weiterführende Links

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