„Moral Panics“ allen Orts

Die Positionen der gegenseitigen Wahrnehmung sind bezogen: Xenophobe Hinterwäldler, Nazis und Islamophobe auf der einen, Sonntagsredner, Gratismutige und Luxusethiker auf der anderen Seite.  Tätowiert, zahnlos und angetrunken, klagen die einen über das Elend nicht gelingender Integration, überbordende Asylantenzahlen und Missbrauch von allen möglichen – getreu dem Motto: „ … und wer zahlt das alles? Das zahl alles ich von meiner Sozialhilfe!“ – (Aber man muss nicht zwingend jemandem Böswilligkeit unterstellen, wenn es auch mit Dummheit erklärt werden kann). Betroffenheitsbesoffen, links-links-grün und gutmenschlich sowie ahnungslos was „die Menschen“ betrifft, im Verbund mit der Lügenpresse und einer entfremdeten Politik, halten die anderen das Banner „refugees welcome“ hoch. Oder wie das Profil es titelt: „Hass gegen Hilfsbereitschaft: Die Flüchtlinge entzweien das Land“.

Der wie zu erwarten moralisch hohe Ton macht aus dem Flüchtlingsdrama eine Gesinnungsdramolett. Der Anti- und Alltagsfaschismus in den sozialen Netzwerken und in Fernsehkommentaren blüht. Die einen wie die anderen jedoch verwechseln die Flüchtlingsdebatte mit einem Kulturkampf. Eigentlich bestätigt dies nur, dass es in jeder Gruppe von Menschen solche gibt, die unreflektiert verallgemeinern und ihr Weltbild auf kollektiven Schuldzuweisungen aufbauen.

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich aber dadurch aus, dass sie eine Vielfalt an Meinungen zulässt. Und wenn es unbequeme, verquere oder einfach dumme Meinungen sind, dann muss man sich demokratisch damit auseinandersetzen, das heißt durch Diskussion oder Gegendarstellung. Nazi, Nazi, Nazi, ist nicht wirklich als solider Diskussionsbeitrag zu verstehen. Die meisten Vergleiche mit den schlimmsten Verbrechern der jüngeren Geschichte sind meist unsensibel, unverschämt oder schlicht dumm! Aber sei’s drum, Godwin lebe hoch.  Die Einzigartigkeit des Nationalsozialismus und die Singularität bzw. Unvergleichbarkeit der Verbrechen, der Shoa, würden es für einen denkenden Menschen eigentlich zur Pflicht machen solche  Vereinfachungen und Generalisierungen unterlassen.

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