Journalismus war gestern, heute ist Haltung

Es war einmal der SPIEGEL, es war einmal Journalismus

Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentliche Betroffenheit versinken, im Umgang mit Katastrophen cool bleiben, ohne kalt zu sein.“  
Hanns Joachim Friedrichs

Die Zeit der Neutralität ist vorbei“, denn „Neutralitätsjournalismus ist uninteressant und unaufrichtig“, schreibt der Spiegel, dessen Gründermotto noch war: „Sagen, was ist

Der Anlass: James Bennet, der verantwortliche Chef der Kommentarseite der NYT, musste gehen, weil er einen Gastbeitrag im Trump-Duktus veröffentlicht hat – und einem überholten Ideal von neutralem Journalismus nachhing.“( Die New York Times hatte einen Gastbeitrag veröffentlicht, in dem der (gewählte) Senator Tom Cotton aus Arkansas den Einsatz von Militär erwog, um gegen Anarchie, Gewalt und Plünderungen vorzugehen.)

Das Vergehen des Journalisten hat zwei Momente: Er hat es gewagt, die Position des US-Präsidenten zu veröffentlichen, und damit gezeigt, dass er diesem vermeintlich überholten „neutralen Journalismus“ anhängt.

Nachrichten sind Fakten, die für unser Leben bedeutsam sind; sie sind das, was wir als aufgeklärte Bürger wissen sollten, als Basis der Meinungsbildung. Wenn nicht mehr Fakten im Vordergrund stehen, sondern Wünsche und Vorstellungen in den Redaktionen zum Ideal werden, dann entfernt sich der Journalismus von seiner eigentlichen Funktion: Informationen zu liefern, zu warnen, auch über unangenehme Fakten zu berichten in der Hoffnung, dass auf Grund der neuen Faktenlage richtigere Entscheidungen getroffen werden. Gibt man die Neutralität auf, bleibt der Transport von Nachrichten, die einzig und allein dem Journalisten und seiner Haltung Tribut zollen, statt Nachrichten, in denen es um Richtiges und Wichtiges geht.

Auch diskutiert werden darf offenbar nicht mehr. Aber, Demokratie braucht Debatte, braucht unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen, um schrittweise bessere Lösungen zu finden. Das unterscheidet die offene Gesellschaft von der autoritären: Die offene Gesellschaft braucht Streit, Debatte und Diskurs, um zu lernen. Die autoritäre Gesellschaft braucht Zwang, um das zunehmend als falsch, als kontraproduktiv Erkannte trotzdem durchzusetzen.

Kein Geringerer als William Randolph Hearst hat mal gesagt: „Journalismus heißt, etwas zu drucken, von dem jemand will, dass es nicht gedruckt wird. Alles andere ist Öffentlichkeitsarbeit.“

Dann ist es eben nicht mehr Journalismus, sondern Propaganda. 

Das „Sturmgeschütz der Demokratie“ begrüßt das!  

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